Herbert Masslau

Ein-Euro-Jobber an die Front!

(28 Juni 2005)

 

 

Unter der Überschrift "Arbeitslose als Darsteller beim Truppentraining" meldete die Schweriner Volkszeitung [http://www.svz.de/newsmv/MVPolitik/28.06.05/1811970/1811970.html]:

"Nach dem Tod von zwei Bundeswehrsoldaten in Afghanistan hat Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) die Bedeutung einer umfassenden Ausbildung vor Einsätzen in den Krisenregionen hervorgehoben. … Struck schlug vor, für die Übungen Arbeitslose als Darsteller Einheimischer im Einsatzland einzusetzen anstatt Soldaten. Das sei auch eine Kostenfrage."

Au ja, dann aber bitte auch mit tragbaren Raketenwerfern, damit 'n bißchen Spaß dabei ist, wenn schon die Bezahlung mies is'.

Jedenfalls fiel mir zu dieser Meldung sofort ein Artikel aus dem Jahre 2001 von mir ein, der aufgrund des Parallelereignisses "11. September" nie veröffentlicht wurde. Dabei war der Artikel schon damals, als er am 28. August 2001 fertig war, im guten Sinne voreilig, kam doch am 1. September 2001 eine Zeitungsmeldung, Rudolf Scharping, der Amtsvorgänger von Struck, fordere, Arbeitslose für Auslandseinsätze der Bundeswehr zu rekrutieren.

Am 3. September 2001 bei der Redaktion der Obdachlosenzeitschrift "TagesSatz" (Göttingen/Kassel) eingereicht, für die ich seit Oktober 1999 regelmäßig sozial-politische Artikel geschrieben hatte, wurde dieser Artikel dort nie veröffentlicht. Über die damals personalen Hintergründe der Redaktionsentscheidung möchte ich mich an dieser Stelle nicht auslassen. Ich hielt gerade im Angesicht der weltpolitischen Folgen des "11. September" die Redaktionsentscheidung für einen gravierenden politischen Fehler und stellte meine Mitarbeit zum Jahresende 2001 ein.

Weil mein damaliger Artikel nach vier Jahren wieder aktuell ist, hier nun derselbige:

 

 

  

<Artikel Anfang>

Herbert Masslau

Rudolf Scharping's Kreuzzug gegen die Arbeitslosen

<28. August 2001 - bisher unveröffentlicht>

Es war ja zu erahnen. Erst kam die Meldung, deutsche Soldaten würden sich am Militäreinsatz in Mazedonien beteiligen und die Kosten dafür würden nicht beim Militäretat sondern anderswo im Bundeshaushalt eingespart.

Hier schon konnte erahnen, wer nicht allzu dämlich ist, daß damit mal wieder die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger gemeint waren. Und siehe da, am Sonntag drauf ließ - nein, nicht der Kanzler oder der Finanzminister, auch nicht der Arbeitsminister, nein, sondern - eben jener deutsche Militärminister, dessen Ressortsäckel unangetastet bleiben soll, in der Welt am Sonntag verlautbaren, Sozialhilfeempfänger unter 25 Jahren - also eigentlich im besten Soldatenalter - sollten gar keine staatliche Stütze mehr kriegen, wenn sie gemeinnützige Arbeiten - der Autor denkt da zum Beispiel an die deutsche Kriegsgräberpflege der Zukunft - nicht anträten.

Arbeitslose...

Parallel dazu fordert die asozialpolitische Sprecherin der GRÜNEN, Thea Dückert, massiv die Einführung des Kombilohn-Modells. Jenes Modells bei dem Arbeitslose prekär bezahlte Jobs annehmen sollen, das heißt, die Unternehmer zahlen weit unter Tariflohn, und damit der Arbeitslose dies auch annimmt und die Rentenkasse nicht zu arg gebeutelt wird, zahlt der Staat ein bißchen dazu. Oder anders ausgedrückt: der Unternehmer profitiert von der Arbeitskraft des Arbeitslosen hundertprozentig, einen Teil der unternehmerischen Lohnkosten aber zahlt die Allgemeinheit mit ihren Steuergeldern. Eine etwas andere Form der Subventionierung, einst von der CDU aufs Tapet gebracht, mittlerweile am härtesten von den GRÜNEN verfochten.

...zum Einsatz...

Nun mag so ein Cleverle denken: Zwei Fliegen mit einer Klappe, schicken wir doch die Sozialhilfeempfänger im besten Soldatenalter und die gleich den Soldaten in unproduktiver Tätigkeit verweilenden Langzeitarbeitslosen zum Militäreinsatz auf den Balkan.

Geht aber nicht. Nachher hängen die dort in der sozialen Hängematte statt den Drogenhandel wieder flott zu machen. Schließlich wird ja nicht Mazedonien von den Albanern bedroht, sondern Mazedonien bedroht mit den Grenzschließungen zum Kosovo die Skipetaren-Mafia. Und schließlich bezahlen die mit den Drogengeldern ihre Waffen, auch deutsche Waffen, und sichern damit deutsche Arbeitsplätze zum Beispiel bei Heckler&Koch. Das gäb ja sonst noch mehr Arbeitslose - eine "humanitäre Katastrophe"!

...an die...

Schließlich unternehmen wir schon seit Jahren nichts gegen die Kurden-Massaker des türkischen Generalstabs. Da sichern deutsche Waffen den gefährlichen Weg den das Heroin von den talibanischen Mohnfeldern in Afghanistan bis nach Deutschland hinter sich zu bringen hat. Zwar hätte Rudolf Scharping bei den afghanischen Frauen jede Menge Fotos für seine "humanitäre Katastrophe" umsonst bekommen können, die er sich im Kosovo-Krieg erst herbeiretouchieren mußte, aber das hätte ein fatal falsches Bild in der deutschen Öffentlichkeit geliefert. Schließlich bringt doch erst der talibanische Schlafmohn auf seinem Weg über die türkischen Generäle und die skipetarischen Freischärler in Deutschland jene Geldmenge zusammen, die die Arbeitsplätze deutscher Rüstungsarbeiter (und Drogensozialarbeiter!) sichert.

...Heimatfront!

In so fern gebührt Rudolf Scharping Dank für seine Militäreinsätze. Er sichert damit deutsche Arbeitsplätze. Daß er dafür auch einen Beitrag von den Arbeitslosen abkassieren will macht Sinn. Denn, je besser der Drogenhandel floriert desto mehr Waffen kaufen die Taliban, Türken und Skipetaren in deutschen Waffenschmieden und sichern damit deutsche Arbeitsplätze. Und je mehr Heroinsüchtige es in Deutschland gibt umso mehr Arbeitsplätze werden in der Sozialarbeit geschaffen. Also "Brüder (Rudolf's) zur (mazedonischen) Sonne zur (albanischen Drogenhandels-)Freiheit" - und, kloppen wir uns hier in Deutschland mit Drogen und in Mazedonien den Drogenhandelbehinderern mal so richtig die Birne breit. Hurra! Hurra! Hurra!

Schlußakkord für die Arbeitslosen: Und wäret ihr nicht so faul gewesen/Am Teutschen Wesen wäret ihr genesen/Nun malocht ihr für schlechten Lohn/Doch als Trost bleibt euch noch der Mohn.

Buchempfehlung des Autors: Labrousse/Wallon (Hrsg.), Der Planet der Drogen, Fischer Taschenbuch 12657, Frankfurt a.M. 1996

<Artikel Ende>   

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