Grundlage bleibt weiterhin das Wohngeldgesetz (WoGG),
welches am 1. Januar 2009 in Kraft trat [BGBl. I, 2008, Nr. 42, S. 1856 ff.;
BTDrs. 16/8918] in der Fassung des WoGG, welches zum 1. Januar 2016 in Kraft
trat [BTDrs. 18/4897 (neu)]. Die Änderungen im WoGG 2020 [BTDrs. 19/10816,
BRatDrs. 235/19] beziehen sich also auf das WoGG 2009 und das WoGG 2016.
Die letzten Änderungen sind aus den Jahren 2001 – 2005
änderte nicht die Beträge, sondern paßte das WoGG „nur“ dem „Hartz IV“ an –,
2009, 2016 und jetzt 2020.
Wird der zeitliche Vorlauf der Datenermittlung
hinzugenommen, so sind die Daten vom 31. Dezember 2006 [BRatDrs. 128/15, S. 34]
für WoGG 2009 bzw. 31. Dezember 2012 [BTDrs. 18/4897(neu), S. 67] für WoGG 2016.
Für das WoGG 2020 basieren die Daten erstmals auf zwei aufeinander folgenden
Jahren, nämlich dem 31. Dezember 2016 und 31. Dezember 2017 [BTDrs. 19/10816,
S. 66].
Das WoGG 2020 greift nun das anvisierte Ziel auf, analog den
Mietspiegeln nach §§ 558c Abs. 3 und 558d Abs. 2 BGB das Wohngeldgesetz alle
zwei Jahre anzupassen.
Schon zum WoGG 2016 wollte der Bundesrat (BRat) eine
Anpassung des WoGG alle vier Jahre [BTDrs. 18/4897 (neu), S. 120 zu § 39 WoGG].
Dazu hieß es noch seinerzeit in der Gegenäußerung der Bundesregierung: „Die
Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit für eine Regelung zur Überprüfung und
gegebenenfalls Neufestsetzung der Höchstbeträge für Miete und Belastung, der
Mietenstufen und der Höhe des Wohngeldes in der vom Bundesrat empfohlenen Form.“
[BTDrs. 18/4897 (neu), S. 123].
Gleichwohl wurde im Nachgang § 39 WoGG 2016 neu gefaßt
[BTDrs. 18/5324, S. 2], der dann vorsah, daß alle zwei Jahre die Höchstberäge
für Miete, die Mietenstufen und die Höhe des Wohngeldes zu überprüfen sind (§
39 Abs. 1 WoGG 2016).
Schon hier wäre es möglich gewesen, das Wohngeld zu 2018
anzupassen, was allerdings offensichtlich politisch noch nicht gewollt war.
Offensichtlich hat „die normative Kraft des Faktischen“ der
exorbitant vorallem in Großstädten steigenden Mietpreise der letzten Jahre die
Bundesregierung und den Bundesgesetzgeber dazu veranlaßt, über die seinerzeit
vom Bundesrat geforderte Anpassung gemäß der Neuerstellung qualifizierter
Mietspiegel gemäß § 558d Abs. 2 BGB hinauszugehen und das WoGG nunmehr gemäß
der einfachen Anpassungsregel der §§ 558c und 558d BGB alle zwei Jahre
anzupassen.
Der neue § 43 WoGG 2020 regelt diese Anpassung im Einzelnen.
Die nächste Wohngeld-Anpassung erfolgt also zum 1. Januar
2022.
Die neuen §§ 42b und 44 WoGG 2020 behandeln
Übergangsregelungen, und zwar einmal im Hinblick auf die jetzige Änderung des
WoGG (§ 42b) und bezüglich zukünftiger Fortschreibungen (§ 44).
Ferner wird als weitere wesentliche Änderung eine neue
Mietenstufe eingeführt, die Mietenstufe VII.
Schließlich ist positiv hervorzuheben die Erhöhung der in §
12 Abs. 1 WoGG nach Personenzahl und Mietenstufe festgelegten Höchstmiete.
Beispielhaft sei hier für die Stadt Göttingen, Mietenstufe IV die Erhöhung für
einen Zwei-Personen-Haushalt von 526 Euro (2016) auf 579 Euro (2020) und für
einen Vier-Personen-Haushalt von 730 Euro (2016) auf 803 Euro (2020) genannt
[BTDrs. 18/4897 (neu), S. 8/9; BTDrs. 19/10816, S. 11].
Allerdings muß auch erwähnt werden, daß eine nicht
unerhebliche Zahl von Kommunen in der Mietenstufe herabgestuft wurden, was 18,1
% der Gemeinden über 10.000 Einwohner betrifft [BTDrs. 19/10816, S. 67].
An dieser Stelle soll auch noch erwähnt werden, daß die
positiven Wirkungen des WoGG 2020 konterkariert werden durch das Gesetz zur
Verlängerung des Betrachtungszeitraumes für die ortsübliche
Vergleichsmiete“[BRatDrs. 468/19].
Dies betrifft unmittelbar und direkt zunächst die Leistungsempfängerinnen und
-empfänger nach dem SGB II und SGB XII über die durch Mietspiegel oder
KdU-Gutachten ermittelten sogenannten Angemessenheitsgrenzen, kann sich aber
auch auf die Höhe der Wohngeld-Leistungen auswirken.
Schließlich sei noch erwähnt, daß es höhere und neue
Freibeträge vom Einkommen gibt, allerdings auch einen zusätzlichen
Datenabgleich mit der Sozialhilfe.
Sofern im Nachfolgenden den Paragraphen keine Gesetzesbezeichnung
folgt, handelt es sich um Paragraphen des Wohngeldgesetzes.
Höhere und neue Freibeträge
Der Freibetrag vom Einkommen für eine Pflegeperson gemäß §
14 Abs. 2 WoGG wird von 4.800 Euro [BTDrs. 16/8918, S. 16] auf 6540 Euro
[BTDrs. 19/10816, S. 7] erhöht und der Freibetrag gemäß § 17 WoGG für ein
schwerbehindertes Haushaltsmitglied von 1.500 Euro [BTDrs. 16/8918, S. 19] auf 1.800
Euro [BTDrs. 19/10816, S. 7].
Weiter wird ein neuer Freibetrag eingeführt, nämlich 480
Euro pro Jahr bezogen auf regelmäßige Geldleistungen insbesondere von
gemeinnützigen Organisationen [BTDrs. 19/10816, S. 69].
Weiterer Datenabgleich mit dem SGB XII
Der schon bisher hinsichtlich der „Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung“ nach dem 4. Kapitel des SGB XII (Sozialhilfe)
geltende Datenabgleich soll nun auch auf Leistungsbezieherinnen und -bezieher
nach dem 3. Kapitel SGB XII („Hilfe zum Lebensunterhalt“) erweitert werden.
Begründung:
„Der erweiterte Datenabgleich ist zur Aufdeckung
rechtswidriger Inanspruchnahme von Wohngeld geboten.“
„Da es den Sozialhilfeträgern möglich ist, nicht nur wie
bisher die Anfragedatensätze der Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII,
sondern auch der Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII zu kennzeichnen, kann
die Datenstelle in die Lage versetzt werden, nur diese Daten (und nicht die
Daten zu allen SGB XII-Leistungen) herauszufiltern und bei zeitgleichem
Leistungsbezug von Wohngeld diese an die Wohngeldbehörden weiterzuleiten.“ [BTDrs.
19/10816, S. 89]
Fortschreibung alle zwei Jahre
§ 43 WoGG 2020 regelt nun eindeutig die „Fortschreibung
des Wohngeldes“, so daß hier nunmehr eine klare Muß-Regelung geschaffen
wurde, die über die Möglichkeitsregelung des § 39 WoGG 2016 hinaus geht.
§ 43 Abs. 1 WoGG 2020 schreibt vor, daß nach der zum 1.
Januar 2020 erfolgten Neufestlegung der Höchstbeträge für Miete/Belastung (§ 12
Abs. 1), der Mietenstufen (§ 12 Abs. 2) und der Höhe des Wohngeldes (§ 19) dann
jeweils zum 1. Januar jeden zweiten Jahres die Berechnungsgrößen des Wohngeldes
fortzuschreiben sind.
„Führen jedoch die weiteren Entwicklungen auf dem
Wohnungsmarkt dazu, dass grundlegende Anpassungen des Wohngeldsystems
erforderlich sind wie zum Beispiel eine Neufestsetzung der Mietenstufen in den
Gemeinden und Kreisen aufgrund veränderter Mietenniveaus (§ 12 Absatz 2 WoGG,
Anlage zu § 1 Absatz 3 WoGV), die Einführung weiterer Mietenstufen (§ 12 Absatz
5 WoGG) oder eine Neufestsetzung der Rechenschritte und Rundungen (Anlage 3-E),
so sind zunächst das WoGG und die WoGV entsprechend zu ändern. Erst auf dieser
neuen Grundlage kann die Fortschreibung des Wohngeldes fortgesetzt werden. Um
den Automatismus der Fortschreibung auszusetzen, ist ein entsprechender
Beschluss des Bundestages erforderlich.“ [BTDrs. 19/10816, S. 81]
Dies soll hinsichtlich der Höchstbeträge für Miete/Belastung
bezogen auf die jeweilige Mietenstufe (beides § 12 Abs. 1) „durch den
Teilindex für Nettokaltmiete und Wohnungsnebenkosten des Verbraucherpreisindex
für Deutschland des Statistischen Bundesamtes“ erfolgen [BTDrs. 19/10816,
S. 9].
Hinsichtlich der wesentlichen Berechnungselemente aus § 19
Abs. 1 WoGG – Zahlenwerte für „a“, „b“, „c“ in Abhängigkeit von der Anzahl der
zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder – wird hinsichtlich der Werte für „b“
genauso verfahren, hinsichtlich der Werte für „c“ wird auf die bundesweite
Entwicklung der allgemeinen Verbraucherpreise zurückgegriffen.
Für „a“, „b“ wurden die Werte schon vom WoGG 2009 auf das
WoGG 2016 stark reduziert [BTDrs. 16/8918, S. 43; BTDrs. 19/10816, S. 12], so
daß die Berechnungsformel – 1,08 x (M – (a + b x M + c x Y) x Y) Euro – aufgrund
des erhöhten Eingangswertes von 1,08 [BTDrs. 16/8918, S. 20] auf 1,15 [BTDrs.
18/4897 (neu), S. 11] und des erhöhten Wertes für „M“ (zu berücksichtigende
Höchstmiete), von dem ein leicht kleinerer Wert aus den Summanden abgezogen
wurde, die Steigerung des Wohngeldes bewirkte.
Zwar eröffnen trotz Berechnung durch das Bundesstatistikamt die
Werte für „a“, „b“ und „c“ – und auch die Werte für „M“ – grundsätzlich
Manipulationsmöglichkeiten, welche aber im Vergleich zur Festlegung der Werte
für den Eingangsfaktor vernachlässigbar sind.
Beispiel: Bei einem Zwei-Personen-Haushalt der Mietenstufe
IV und gleichbleibendem Einkommen würde es 2020 mit den Werten für „a“, „b“ und
„c“ von 2016 ca. 13 Euro weniger Wohngeld geben. Werden aus 2020 und 2016 die
günstigsten Werte für „a“, „b“ und „c“ genommen und gemischt, dann ergäbe sich
2020 ein nur um 4 Euro höheres Wohngeld.
Hier hat für 2020 die Beibehaltung des Eingangsfaktors von
1,15 einen größeren Einfluß auf die Höhe des Wohngeldes.
Ferner ergibt gerade für das WoGG 2020 und Folgende der
Einfluß anderer Gesetze (s.u.) einen weiteren relevanten
Manipulationsspielraum.
§ 43 Abs. 2 WoGG 2020 regelt, daß die bisherige Regelung in
§ 12 Abs. 4 Satz 1 WoGG 2016 entfällt. Diese Regelung besagte, daß das
Mietenniveau „vom Statistischen Bundesamt bei einer Anpassung der
Höchstbeträge nach Absatz 1 auf der Grundlage von zwei aufeinanderfolgenden Ergebnissen
der jährlichen Wohngeldstatistik für Dezember (...) festgestellt“ wird.
Dies beizubehalten hätte zwar nicht der Festlegung der Werte für „a“, „b“ und
„c“ widersprochen, da schon diese zwischen der Mietpreisentwicklung und der
allgemeinen Preisentwicklung differenzieren, allerdings wäre eine Beibehaltung
dieser Regelung nicht vereinbar gewesen mit der Fortschreibung alle zwei Jahre.
Merkwürdig ist nur, daß die Änderung nicht unter § 12 Abs. 4 WoGG 2020 und auch
nicht im Begründungsteil A. [BTDrs. 19/10816, S. 66] wiedergegeben ist, sondern
ausschließlich in § 43 Abs. 2 WoGG 2020 auftaucht sowie im Begründungsteil B.
zu § 43 Abs. 2 [BTDrs. 19/10816, S. 85]. Es ist nicht auszuschließen, daß die
juristischen Referenten beim Gesetzentwurf nicht auf die Querverbindungen
geachtet haben.
§ 43 Abs. 3 WoGG 2020 bestimmt die Fortschreibung der
Berechnungsgrößen „a“, „b“ und „c“ anhand der Werte des vorletzten Jahres vor
der Fortschreibung im Verhältnis zu den Werten vier Jahre vor der
Fortschreibung.
§ 43 Abs. 4 WoGG 2020 regelt die Fortschreibung der Werte
für „M“ (Höchstbeträge für Miete) um den Prozentsatz, um welchen sich die vom
Bundesstatistikamt festgestellten Teilindices (s.o.) verändert haben.
§ 43 Abs. 5 und Abs. 6 WoGG 2020 regeln für die Fortschreibungen
ab 1. Januar 2022 die Neufestlegung der Werte für „b“ und „c“. Die Grundwerte
bleiben gleich, werden aber alle zwei Jahre angepaßt mit einem Faktor aus 100
und anschließender Dividierung aus der Summe aus 100 plus dem vom
Bundesstatistikamt festgestellten Wert des Teilindices (s.o.) für „b“ bzw. des
Verbraucherpreisindices (s.o.) für „c“.
Diese Vorgehensweise gilt auch für die Fortschreibung zum 1.
Januar 2022 (§ 43 Abs. 7 WoGG 2020).
Übergangsregelungen
Im neu eingefügten § 42b WoGG 2020 sind die Absätze 1, 5 und
6 von Bedeutung. Diese regeln im Wesentlichen die Wohngeldberechnung für Fälle,
wo der Bewilligungszeitraum (bzw. die Wohngeldbewilligung) teilweise noch im
Geltungsbereich des alten WoGG 2016 liegt und teilweise im Geltungsbereich des
neuen WoGG 2020.
Hiernach ist entsprechend zu verfahren, d.h. gemäß § 42b
Abs. 1 WoGG 2020 ist bereits bewilligtes Wohngeld von Amts wegen neu zu
bescheiden.
Gemäß § 42b Abs. 5 und Abs. 6 WoGG 2020 ist für den Zeitraum
vor Inkrafttreten der Änderungen zum 1. Januar 2020 nach dem alten WoGG 2016
und ab dem 1. Januar 2020 bis zum Ende des Bewilligungszeitraumes nach dem
neuen WoGG 2020 zu entscheiden.
§ 44 WoGG 2020 regelt das Gleiche für die Fortschreibung in
den Absätzen 1 und 5.
Neue Mietenstufe VII
Es wurden schon immer Gemeinden und Landkreise mit Gemeinden
unterhalb zehntausend Einwohner hinsichtlich der Mietenstufen herauf- oder
herabgestuft.
Die einzelnen Mietenstufen stellten bzw. stellen das
Mietenniveau der Gemeinden bzw. der Landkreise mit Gemeinden unter zehntausend
Einwohner dar. Die Mietenstufen I und II haben dabei ein Mietenniveau unterhalb
des Durchschnitts, die Mietenstufe III um den Durchschnitt und die Mietenstufen
IV bis VI oberhalb des Durchschnitts.
Die Mietenstufe VII wurde aufgrund der aktuellen Entwicklung
eingeführt und liegt 35 Prozent und mehr oberhalb des Durchschnitts. Die
Mienstufe VII soll dabei Haushalte in Gemeinden „mit besonders hohen
Mietenniveaus gezielter bei den Wohnkosten ... entlasten“ [BTDrs. 19/10816,
S. 65].
So gilt die Mietenstufe VII z.B. in Baden-Württemberg für
die Stadt Tübingen, in Bayern für die Landeshauptstadt München und andere zum
Münchener Speckgürtel zählende Gemeinden, in Bayern insgesamt 34 Gemeinden.
Dazu kommen noch in Schleswig-Holstein 3 Gemeinden, in Hessen 1 Gemeinde. Es
könnte auch – ob berechtigt oder nicht – gesagt werden, die Einführung der
Mietenstufe VII ist ein bayerischer Sonderweg.
Konterkarierung durch Gesetz zur „ortsüblichen
Vergleichsmiete“
„Darüber hinaus sind Entlastungen der öffentlichen
Haushalte zu erwarten, soweit sie Leistungen für Wohngeld sowie Leistungen für
Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und nach dem Zwölften Buch
Sozialgesetzbuch erbringen.“ [BRatDrs. 468/19, S. 2]
In der Stellungnahme desNationalen
Normenkontrollrates ist von einer 3-prozentigen Senkungsrate die Rede:
„Die Simulationen zeigen, dass bereits die Verlängerung
des Betrachtungszeitraums von derzeit vier auf sechs Jahre die ortsüblichen
Vergleichsmieten unmittelbar um ca. 3 Prozent absinken lassen und in der Folge
den jährlichen Anstieg von 4,8 Prozent auf 4,4 Prozent reduzieren würde.“ [BRatDrs.
468/19, S. 3 <S. 33>]
Ob dem dann tatsächlich so ist, oder die Vermieter z.B. auf
befristete Mietverträge ausweichen, um die Miete früher und öfter erhöhen zu
können, wird die Zukunft zeigen.
„Der Mietwohnungsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland
hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. In den Ballungszentren
führte die anhaltend hohe Nachfrage nach Mietwohnungen zu einem extrem hohen
Anstieg der Angebotsmieten. Dieser lag deutlich über dem Anstieg der
Bestandsmieten. Wegen der Beschränkung des Betrachtungszeitraums auf vier Jahre
bilden relativ betrachtet sehr viele jüngere Neuvertragsmieten die Grundlage
für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Dies hat zu erheblichen
Steigerungen derselben in den Ballungszentren geführt, die deutlich über der
Entwicklung des Verbraucherpreisindexes lagen.“ [BRatDrs. 468/19, S. 1]
Soweit das Wesentliche aus der Gesetzesbegründung zur
Änderung des § 558 Abs. 2 BGB selbst.
Auch wenn die Bundesregierung in ihrer Begründung zu den
Folgen dieser Gesetzesänderung einerseits davon ausgeht, daß sich die „Mieteinnahmen
und die Mietausgaben im Durchschnitt verringern“ [BRatDrs. 468/19, S. 3
<S. 3>], so geht sie andererseits bei einer Vergleichsberechnung vom
Steigen der Angebotsmieten wie 2017 und 2018 aus [a.a.O.], ja sogar von einem
Anstieg um 4 Prozent statt 5 Prozent pro Jahr [BRatDrs. 468/19, S. 22
<28>].
Seitenweise werden Schätzungen und Parameter für die
Schätzungen dargestellt, was aber wertlos ist, weil letztlich alles von der
zukünftigen Mietpreisentwicklung abhängt. Hier kann also viel schöngerechnet
werden.
Was nicht „schöngerechnet“ wird, ist der Einfluß auf die
Berechnung angemessener Unterkunftskosten für „Hartz IV“-Empfängerinnen und
-empfänger sowie Leistungsbeziehende nach dem SGB XII.
Nachdem das Bundessozialgericht (BSG) es in seiner
Rechtsprechung zugelassen hat, daß „Neuvertragsmieten“, also die Mieten der
letzten vier – jetzt letzten sechs Jahre –, Grundlage für die Berechnung der
Angemessenheitsgrenze der Unterkunftskosten (KdU) zulässig sind [BSG, Urteil
vom 18. November 2014, Az.: B 4 AS 9/14 R, Rdnr. 23 <sog.
Dresden-Entscheidung>], ergibt sich zumindest in den nächsten zwei Jahren
eine Verringerung des Anstiegs der angemessenen KdU 2022 im Vergleich zu 2020.
Diese Folgen für Leistungsbeziehende der Rechtssysteme SGB
II und SGB XII gelten auch für Bezieherinnen und Bezieher von Wohngeld. Denn die
Berechnungsgröße „M“ in der Wohngeldformel (s.o.) wird durch das
Bundesstatistikamt durch die Teilindices für die Bruttokaltmieten, also die
Nettokaltmieten plus der sogenannten kalten Nebenkosten berechnet (§ 43 Abs. 1
Nr. 1 WoGG 2020) und hängt damit vom Berechnungszeitraum ab.
Gemäß § 43 Abs. 3 WoGG 2020 ist maßgeblich für die
Fortschreibung der Berechnungsgrößen „die prozentuale Veränderung der
Jahresdurchschnittswerte der in Absatz 1 genannten Indizes des zweiten Jahres
vor Inkrafttreten der Fortschreibung des Wohngeldes gegenüber den jeweiligen
Jahresdurchschnittswerten des vierten Jahres vor Inkrafttreten der
Fortschreibung.“ [BTDrs. 19/10816, S. 9]
Inwieweit derzeit eine Anpassung von § 43 Abs. 3 WoGG 2020
unterblieben ist, weil dies zum 1. Januar 2022 zu einer kleinen Absenkung der
Wohngeldleistung geführt hätte, bleibt Spekulation.
Sollte jedoch die Verlängerung des Berechnungszeitraumes bei
der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ in den nächsten Jahren tatsächlich zu einem
geringeren Anstieg führen, dann hätte dies auch eine preisdämpfende Wirkung auf
das Wohngeld. Das Gegenteil wäre allerdings schon dann der Fall, wenn die
Vermieter zukünftig immer am oberen Grenzwert der Spanne für die „ortsübliche
Vergleichsmiete“ die Mieterhöhung ansiedeln würden, was zulässig ist [BGH,
Urteil vom 3. Juli 2013, Az.: VIII ZR 354/12, Rdnr. 25; so schon: BGH, Urteil
vom 6. Juli 2005, Az.: VIII ZR 322/04]. Das gilt erst recht für
„Angebotsmieten“, welche dieser Beschränkung nicht unterliegen und durch die
Verknappung am Wohnungsmarkt bestimmt werden und dann im Laufe der Zeit zu
„Neuvertragsmieten“ werden.
Fazit:
In Zukunft wird es auch beim Wohngeld nicht mehr offen in
einzelnen Paragraphen ersichtliche Verschlechterungen geben, sondern diese
werden versteckt werden hinter statistischen Berechnungsmethoden. Hierzu wird
es eine Aufsplittung auf verschiedene Gesetze geben, welche aber in
Wirklichkeit in Wechselbeziehung stehen.
Folge der Erhöhung des Betrachtungszeitraumes bei der „örtlichen
Vergleichsmiete“ von vier auf sechs Jahre rückwärts ist, daß der weitere hohe,
spekulative Mietpreisanstieg nicht verhindert wird, jedoch aber werden die
Wohngeldleistungen in Zukunft geringer steigen.
Damit konterkariert das Gesetz zur Verlängerung des
Betrachtungszeitraumes für die ortsübliche Vergleichsmiete die ansonsten
positive Entwicklung des Wohngeldgesetzes 2020 hinsichtlich der ersten
Fortschreibung zum 1. Januar 2022.
Angesichts der Wohnungsknappheit in den Großstädten, zu
welcher die Bundesregierung und die Landesregierungen durch nachlässige
Schaffung von Sozialem Wohnungsbau selbst beitragen, werden die exorbitant
steigenden Mietpreise weiterhin begünstigt.
Durch die Verlängerung des Betrachtungszeitraumes werden
„nur“ diejenigen benachteiligt, die auf Mietzuschüsse angewiesen sind, sei es
via Wohngeld, sei es via KdU im SGB II und SGB XII.