Herbert Masslau

Alg II und Erbschaft

(üb. F. vom 30. November 2008)

 

 

Vorbemerkung

Schon seit ein paar Jahren und wohl auch noch in den nächsten etwa zwanzig Jahren wird das Thema Erbschaft verstärkt „Hartz IV“-Empfängerinnen und -empfänger betreffen. Grund ist, daß die sogenannten Kriegsgenerationen von Ende der 1950er Jahre bis Ende der 1980er Jahre verstärkt und vermehrt einen gewissen materiellen Wohlstand (Eigenheime für Arbeiter, relativ hohe Renten – auch der Ost-Rentner stellt sich im Prinzip besser als der Ost-Arbeiter) anhäufen konnten. Nun sind diese Menschen zwischen ca. 60 und 90 Jahre alt, was bedeutet, daß in den letzten Jahren und den kommenden vermehrt Erbschaften anfallen.

Bei einer bundesdurchschnittlichen Verarmung von 20 Prozent der Bevölkerung – etwa 10 Prozent West und 50 Prozent Ost bei einem Bevölkerungsanteil von 3:1 – dürften zunehmend auch „Hartz IV“-Empfängerinnen und -empfänger zu den Erben zählen.

Nur, während früher eine Erbschaft in der Regel ein Zugewinn für die Erben war, sei es um nicht selber ein Haus bauen zu müssen, sei es, um eine Weltreise zu machen, sei es, um das Geld in die Ausbildung zu investieren, oder sonstwas, so ist im Falle von „Hartz IV“ der einzige Gewinner bei der Erbschaft der Staat, denn – je nach Art und vor allem Höhe des Erbes – fallen die Erben aus der Arbeitslosenstatistik und bekommen keine SGB II-Leistungen mehr.

Dies kann sehr unterschiedlich aussehen:

Je nach Höhe des verwertbaren Geld- oder Sachvermögens erfolgt eine mehr oder weniger lange Anrechnungsphase. Lediglich wer „nur“ ein ‚angemessenes’ Wohneigentum erbt, kommt einigermaßen glimpflich davon.

Bei der nachfolgenden Betrachtung soll nicht jeder Spezialfall bedacht werden, auch nicht solche Fälle, wo das Erbe so groß ist, daß es für ein Wohnhaus auf Mallorca reicht. Gedacht ist eher an Geldvermögen oder entsprechend zu verwertendes Sachvermögen etwa in einer Größenordnung 5.000 / 50.000 Euro.

 

Die Gesetzeslage

Die Gesetzeslage zum Thema Erbschaft ist wie überhaupt das ganze SGB II absichtlich unkonkret, so daß – politisch gewollt – jeder Sozialleistungsträger und auch so manches Sozial- und Landessozialgericht quasi entscheiden kann, was er bzw. es will.

Nach § 11 Abs. 1 SGB II ist alles in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen.

Schon hier scheiden sich die Geister.

Der „Lehr- und Praxiskommentar“ des Nomos-Verlages ging schon bei der alten Sozialhilfe davon aus, daß es sich bei einer Erbschaft nicht um Einkommen, sondern um Vermögen handele (LPK-BSHG, 6. Aufl., Rdnr. 22 zu § 76). Diese Position wurde für das SGB II beibehalten (LPK-SGB II, 2. Aufl., Rdnr. 9 zu § 11), ebenso für das SGB XII (LPK-SGB XII, 8. Aufl., Rdnr. 12 zu § 82).

Auch unter Zuhilfenahme der Alg II-Verordnung ergibt sich kein klareres Bild:

Nach § 2b i.V.m. § 2 Alg II-V a.F./n.F. [dazu siehe LSG Niedersachsen unter „Die Rechtsprechung“] beziehungsweise § 4 i.V.m. § 2 Alg II-V 2008. sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in welchem sie zufließen bzw. ab dem Folgemonat, wenn für den laufenden Monat die Sozialleistung schon erbracht worden ist, und auf einen ‚angemessenen’ Zeitraum aufzuteilen, sofern nicht eine andere Aufteilung angezeigt ist (§ 2 Abs. 3 Alg II-V a. F./n.F.; § 2 Abs. 4 Alg II-V 2008).

Diese rechtliche Formulierung, die Erbschaften nicht ausdrücklich erwähnt, geht zurück auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) von 1999 (BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1999, Az.: BVerwG 5 C 35.97 – am Beispiel einer Steuererstattung), mit der dieses seine dreißig Jahre alte Rechtsprechung, wonach Einkommen nach der Identitätstheorie (Zweck- und Zeitidentität) zu klassifizieren war, aufgab zu Gunsten der von den Sozialhilfebehörden favorisierten sog. Zuflußtheorie, wonach alles unabhängig von seinem Charakter und Zustandekommen im Zuflußmonat Einkommen war und danach Vermögen, welches nur bis zur Höhe des Schonvermögens nicht einzusetzen war. Einmalige Einnahmen, zu denen auch eine Erbschaft zu rechnen ist, waren entweder als Jahreseinnahmen monatlich mit einem Zwölftel zu berücksichtigen oder auf einen ‚angemessenen’ Zeitraum aufzuteilen.

Dazu die von der BA für Arbeit herausgegebenen Durchführungsanweisungen [DA 11.62 zu § 11 SGB II, zit.n. http://www.my-sozialberatung.de/files/HW%2011%202007-9-10.pdf]:

„Ist eine einmalige Einnahme in erheblicher Höhe (z.B. Erbschaften oder Abfindungen während des Leistungsbezuges) anzurechnen, kann auch ein vollständiger Leistungsausschluss in Betracht kommen. Dabei sind im Rahmen der Ermessensausübung die Auswirkungen einer Beendigung des Leistungsbezuges auf laufende Eingliederungsmaßnahmen, den Zuschlag nach § 24 und insbesondere auf den Krankenversicherungsschutz zu berücksichtigen.

Kann der Krankenversicherungsschutz nicht über eine Familienversicherung sichergestellt werden, ist bei Anrechnungszeiträumen von bis zu sechs Monaten dem Leistungsbezieher der Abschluss einer freiwilligen gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung in der Regel nicht zuzumuten. Die Anrechnung sollte in diesen Fällen so vorgenommen werden, dass ein Zahlbetrag verbleibt und somit der KV-Schutz erhalten bleibt.

Kann mit dem Anrechnungsbetrag aus einer einmaligen Einnahme ggf. auch unter Berücksichtigung eines sonstigen Einkommens der Gesamtbedarf für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten gedeckt werden, so kann auch ein Verweis auf eine Finanzierung des KV-Schutzes aus dieser Einnahme zumutbar sein.

Die Anrechnung der einmaligen Einnahme soll auch bei erheblichen Beträgen einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreiten. Der nicht verbrauchte Anteil der einmaligen Einnahme ist danach im Rahmen der Vermögensprüfung zu berücksichtigen.“

Damit wird § 41 Abs. 1 SGB II Rechnung getragen, wo in Satz 4 und 5 als regelmäßiger Bewilligungszeitraum – anders als bei der alten Sozialhilfe (BSHG), wo der laufende Monat der Bewilligungszeitraum war – ein Zeitraum von sechs Monaten festgelegt ist, und ausnahmsweise auch einer von zwölf Monaten.

 

Die Rechtsprechung

Mittlerweile gibt es zum Thema Erbschaft auch schon einige Gerichtsentscheidungen, auch obergerichtliche. Der höheren Bedeutung halber beschränke ich mich nachfolgend auf Entscheidungen von Landessozialgerichten.

LSG Schleswig-Holstein, Beschluß vom 25. August 2005, Az.: L 6 B 200/05 AS ER:

Das LSG sprach einem Antragsteller Grundsicherungsleistungen – durchaus auch unter Anwendung der Absenkungsvorschrift § 31 Abs. 4 SGB II – zu, weil dieser über keine bereiten Mittel verfügte, da er eine Erbschaft i.H.v. 24000 Euro zur Schuldentilgung statt zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwendet hatte.

LSG Bayern, Beschluß vom 11. September 2006, Az.: L 7 B 468/06 AS PKH:

Das andere Ende des Spektrums – der Zynismus scheint in Bayern zu Haus zu sein – bildet eine Entscheidung des LSG Bayern, mit der eine Aufhebungsverfügung der SGB II-Behörde gebilligt wurde und sogar die gesetzliche Pflicht der Erbin zur Tragung der Beerdigungskosten (§ 1968 BGB) ad absurdum geführt wurde: „Eine Absetzung der Beerdigungskosten sieht die abschließende Aufzählung des § 11 Abs. 2 SGB II nicht vor. … Die Bf. hätte sich im Rahmen der Überlegungen, ob sie die Erbschaft annehmen wolle, vorab bei der Bg. erkundigen können, da mit der Ausschlagung der Erbschaft eine Anrechnung zu vermeiden gewesen wäre.“ [zit.n. Rechtsprechungsdatenbank auf www.sozialgerichtsbarkeit.de].

LSG NRW, Beschluß vom 23. März 2006, Az.: L 20 B 72/06 AS:

Unter Verweis auf § 11 Abs. 1 SGB II und § 2 Abs. 3 Alg II-V a.F. sieht das LSG NRW eine Erbschaft als Einkommen und nicht als Vermögen an: „Auch Erbschaften sind daher grundsätzlich als einmalige Einnahmen als Einkommen … einzustufen (...)“„Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollen für die Zahl von ganzen Tagen nicht erbracht werden, die sich unter Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen nach Abzug von Freibeträgen und Absetzbeträgen bei Teilung der Gesamteinnahmen durch den ermittelten täglichen Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ergibt“ [zit.n. Rechtsprechungsdatenbank auf www.sozialgerichtsbarkeit.de].

LSG Baden-Württemberg, Beschluß vom 21. Februar 2007, Az.: L 7 AS 690/07 ER-B:

Für das LSG Ba.-Wü. sind ererbte Barmittel im Gegensatz zu ererbtem Grundvermögen Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II. Es hält auch die Aufteilung über einen längeren als den laufenden Bewilligungszeitraum für angebracht, da somit dem Zweck der Regelung des § 2b i.V.m. § 2 Abs. 3 Alg II-V n.F., „der Nachrangigkeit der Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II im Fall anderweitiger Möglichkeiten zur Bedarfsdeckung umfassend Rechnung“ getragen wird, „wobei die (fiktive) Aufteilung auf insgesamt acht Monate … schon in Anbetracht dessen, dass nur auf diese Weise der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz des Antragstellers erhalten geblieben ist (…), angemessen erscheint“ [zit.n. Rechtsprechungsdatenbank auf www.sozialgerichtsbarkeit.de]. Im zu Grunde liegenden Fall wurde eine Erbschaft von rund 5000 Euro so angerechnet, daß wegen des KV-Schutzes ein monatlicher Zahlbetrag von etwa 50 Euro an Alg II verblieb.

LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluß vom 22. November 2006, Az.: L 8 AS 325/06 ER [Zitate nach Rechtsprechungsdatenbank auf www.sozialgerichtsbarkeit.de]:

Dies ist die bisher einzige umfangreiche obergerichtliche Entscheidung zum Thema Erbschaft. Hintergrund ist die Aufteilung und Anrechnung einer Erbschaft i.H.v. ca. 7500 Euro auf zwölf Monate seitens der Sozialleistungsbehörde, so daß die Antragstellerinnen weiterhin krankenversichert waren. Der Fall ist zu komplex (teilweise Falschberechnungen der Behörde, aber auch eventuelle, nach § 31 Abs. 4 SGB II zu ahndende Ausgaben der Antragstellerinnen), um ins Detail zu gehen. Auch hier teilt das LSG die Auffassung, daß die Erbschaft (Zuwendung aus einer Lebensversicherung) Einkommen und kein Vermögen ist: „Der entscheidende Unterschied zwischen einem Leistungsempfänger, der seine (eigene) Lebensversicherung kündigt, und dem vorliegenden Sachverhalt ist indes, dass es sich bei der hier streitgegenständlichen Zuwendung aus der Lebensversicherung nicht um von den Antragstellerinnen angesparte Mittel (Einkommen) handelt, sondern dass ein Dritter diese Mittel angespart hat. Vor dem Zufluss handelte es sich zu keinem Zeitpunkt um Mittel der Antragstellerinnen…“. Weil es sich bei einer Erbschaft um einmalige Einnahmen im Sinne des § 2 Abs. 3 Alg II-V a.F. handele, sei das Einkommen auch nicht nach Ablauf des Zuflußmonats zu Vermögen geworden. Im Gegenteil, nach der Alg II-Verordnung seien einmalige Einnahmen jedweder Art als Einkommen zu werten. Hier knüpfe die Alg II-V – „anders als bei der Berücksichtigung von Vermögen, wo die Verordnung an Privilegierungstatbestände aus dem Recht der Arbeitslosenhilfe anknüpft“ – hinsichtlich des Einkommens an die alte Sozialhilfe (BSHG) an. Die Ausnahmen von der Anrechnung als Einkommen seien in der Alg II-V abschließend geregelt. „Auch Erbschaften, die während des Leistungsbezugs zufließen, sind Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und einmalige Einnahmen iSd § 2 Abs. 3 Alg II-V (…). Nichts anderes gilt aus den vorstehenden Erwägungen für die hier in Streit stehende, mit einer Erbschaft vergleichbare Zuwendung aus der Lebensversicherung eines Dritten.“

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen und weist auch das LSG Niedersachsen-Bremen hin, daß ab 1. Oktober 2005 der § 2 Abs. 3 Alg II-V a.F. neu gefaßt wurde – nicht zu verwechseln mit der Neufassung der Alg II-V 2008 (dort: § 2 Abs. 4) – wobei die Berücksichtigung von Krankenversicherung und Pflegeversicherung als Abzug entfallen. Jedenfalls sei eine Verteilung auf zwölf Monate im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu beanstanden, da auf diese Weise der KV-Schutz sichergestellt worden sei.

 

Fazit

Nach dieser hier vorgetragenen obergerichtlichen Rechtsprechung wäre eine Erbschaft als einmalige Einnahme als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II und der Alg II-V zu werten und entsprechend bis zu zwölf Monaten auf die Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Leistungen anzurechnen. Erst danach wäre eine Erbschaft Vermögen und unter Beachtung der Schonvermögensgrenzen und Freibetragsgrenzen anzurechnen.

 

Nachbemerkung

Das Bundessozialgricht (BSG) hat bisher zur Frage der Berücksichtigung einer Erbschaft noch keine Entscheidung getroffen. Dem BSG liegt aber mittlerweile eine Revision zum Thema Erbschaft zur Entscheidung vor (Az.: B 14 AS 62/08 R).

Gleichwohl kann die bisher zu anderen einmaligen Einnahmen wie Steuererstattungen inzwischen ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG Aufschluß geben über die Behandlung einer Erbschaft im Rahmen des SGB II.

In mehreren Entscheidungen vom 30. Juli 2008 hat sich das Bundessozialgericht (BSG) dabei zum 1999 vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zur alten Sozialhilfe (BSHG) entwickelten „Zuflußprinzip“ bekannt. Im Gegensatz zum früheren „Identitätsprinzip“ (Zeitraum- und Zweck-Identität von Geldzuflüssen) stellt das „Zuflußprinzip“ vereinfacht darauf ab, daß alles, was im Bedarfsmonat zufließt Einkommen ist, alles, was bereits vorhanden ist, ist Vermögen.

So hat auch das BSG entschieden.

Im Januar 2005 ausgezahltes Arbeitslosengeld (Alg I) vom Dezember 2004 wertete das BSG als Einkommen im Januar 2005 (B 14 AS 26/07 R), und im Juni 2005 ausgezahltes Arbeitsentgelt vom Mai 2005 als Einkommen für Juni 2005 (B 14 AS 43/07 R).

Entsprechend wertete das BSG eine Steuererstattung für das Jahr 2004 deshalb nicht als Einkommen, sondern als Vermögen, weil der Zufluß zwar im Antragsmonat stattfand, aber zeitlich vor der Antragstellung (B 14/7b AS 12/07 R). Ebenso bei einem im selben Monat, aber vor der Antragstellung auf Alg II ausgezahlten Überbrückungsgeld (B 14/11b AS 17/07 R).

Der Rechtsprechung des 14. BSG-Senats hat sich mittlerweile auch der 4. BSG-Senat angeschlossen (z.B. hinsichtlich einer Steuererstattung als Einkommen):

„Das Einkommen ist sowohl nach § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V idF vom 20.10.2004, als auch nach § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V idF vom 22.8.2005 (BGBl I 2499, gültig ab dem 1.10.2005) auf sich an den Bewilligungszeitraum anschließende Zeiträume zu verteilen. Der so genannteVerteilzeitraum wird weder durch den Ablauf eines Bewilligungszeitraums, noch durch die erneute Antragstellung begrenzt. Der Verteilzeitraum wird vielmehr nur dann unterbrochen, wenn für mindestens einen Monat die Hilfebedürftigkeit - ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme - entfällt.“ [BSG, Urteil vom 30. September 2008, Az.: B 4 AS 29/07 R, Rdner. 11]

Zivilrechtlich gilt das Erbe mit dem Erbfall, also dem Todestag des Erblassers, als angetreten. Aufgrund des „Zuflußprinzips“ kann im Rahmen des SGB II eine Erbschaft allerdings erst mit dem tatsächlichen Zufluß Berücksichtigung finden, da sonst, gerade in Fällen von Erbstreitigkeiten, die Betroffenen ohne Sozialleistung wären. Zwar bestimmt § 23 Abs. 4 SGB II, daß „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts […] als Darlehen erbracht werden [können], soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbacht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen“, was aber bedingt durch das „soweit“ zur Voraussetzung hat, daß der Zufluß konkret ist wie etwa bei einer bevorstehenden Arbeitsaufnahme. Hingegen sind weder der Todeszeitpunkt eines Erblassers noch insbesondere bei Erbstreitgkeiten weder der genaue Zeitpunkt noch die genaue Höhe des Zuflusses der Erbschaft bekannt. Auf die Spekulation eines zukünftigen Erbes kann keine Darlehensentscheidung gegründet werden, zumal die sozialgerichtliche Rechtsprechung von einer besonderen Gewichtung der Grundentscheidung (i.d.R. der sechsmonatige Leistungsbescheid) ausgeht.

Wer allerdings keine Erbstreitigkeiten zu erwarten hat und dessen Bewilligungszeitraum von in der Regel sechs Monaten sich dem Ende neigt, sollte im Hinblick auf das zu erwartende Erbe keinen neuen Alg II-Antrag stellen. Fällt dann das Erbe in die aufgrund eines fehlenden Antrags (§ 37 SGB II Antragserfordernis) leistungsfreie Zeit und ist mindestens ein ganzer Monat seit dem letzten Leistungsbezug vergangen, so gilt die Erbschaft analog der BSG-Entscheidungen zur Steuererstattung etc. (s.o.) als Vermögen.

 

 

 

 

 

 

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