Herbert Masslau

Zuzahlungen im Gesundheitssystem und SGB II / SGB XII

(Neufassung 28. Dezember 2004)

 

Aufgrund der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und der Zusammenlegung der Leistungen für die bisherigen Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosenhilfe mit der der "arbeitsfähigen" bisherigen Bezieherinnen und Bezieher von Sozialhilfe nach dem BSHG durch das neue SGB II, ferner aufgrund der Neugestaltung der bisherigen Sozialhilfe nach dem BSHG durch das neue SGB XII ergibt sich seit dem 1. Januar 2005 eine neue Rechtslage, die die Neufassung dieses Artikels notwendig machte.

 

Aktualisierung: Die sogenannte Praxisgebühr von 10 Euro pro Quartal für Arzt-/Zahnarztbesuche ist seit dem 1. Januar 2013 abgeschafft. Die Zuzahlungen bei Medikamenten, Hilfsmitteln etc. gibt es weiterhin. Der Zusatzbeitrag (§§ 242, 242a SGB V), wenn Krankenkassen mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen, wird weiterhin erhoben. Für Leistungsbezieher nach dem SGB II gilt der durchschnittliche Zusatzbeitrag gemäß § 242a SGB V, den die "Hartz IV"-Epfängerinnen und -empfänger allerdings nicht mehr zahlen müssen, da dieser Betrag von den sog. Jobcentern übernommen wird, allerings nur bis zur Höhe des Durchschnittsbetrages. (Herbert Masslau, 27. Juli 2015)


aktualisiert:

Anmerkung: Das GMG wurde zum 1. Januar 2004 in Kraft gesetzt, ohne daß bis dahin geregelt war, was unter bestimmten Begriffen zu verstehen ist, oder aber die Regelungen hatten teils absurde Auswirkungen, wie die, daß Blinde und schwer Gehbehinderte kein Taxi zum Arzt mehr bezahlt bekamen. Anderes ist immer noch ungeklärt. Deshalb habe ich mich entschlossen, diesen Artikel, wo nötig, im Laufe der Zeit mit Ergänzungen (blau) zu versehen. Da dieser Artikel die Ausrichtung auf Personen hat, die Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII beziehen, wird hier nicht jede Änderung oder Erweiterung wiedergegeben, sondern nur insofern sie einen direkten Bezug zur entsprechenden Sozialleistung hat.

 

 

Einleitung

Aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG ) vom 14. November 2003 [BGBl. I, 2003, Nr. 55, S. 2190 ff.] kommt es zu nicht unwesentlichen Änderungen im Sozialleistungsrecht das SGB II und SGB XII betreffend. Diese Änderungen betreffen zwar einerseits lediglich den Bereich der medizinischen Versorgung, wirken sich andererseits aber auch auf die Regelsätze aus und betreffen damit den Leistungsumfang des Arbeitslosengeldes II/Sozialgeldes und der Sozialhilfe.

Das GMG ist ein sogenanntes Artikelgesetz und enthielt – hier beschränkt auf die für den vorliegenden Artikel maßgeblichen Teile – in Artikel 1 die Änderungen des SGB V (Krankenversicherung), in Artikel 28 die Änderungen bei der Krankenhilfe im Rahmen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und in Artikel 29 die Änderung der Regelsatzverordnung (zu § 22 BSHG). Das Ganze gilt beziehungsweise galt ab 1. Januar 2004.

Mit Artikel 5 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 [BGBl. I, 2003, Nr. 66, S. 2975-2977] und mit Artikel 4 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 [BGBl. I, 2003, Nr. 67, S.3054/3055] wurde das SGB V (Krankenversicherung) der seit 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage angepaßt.

Weitere Änderungen erfolgten mit Artikel 4 des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) vom 30. Juli 2004 [BGBl. I, 2004, Nr. 41, S. 2023].

 

Grundsatzregelung bei Leistungsbezug nach SGB II (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V)

Mit Artikel 5 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurde in § 5 Abs. 1 SGB V die Nr. 2a eingefügt [BGBl. I, 2003, Nr. 66, S. 2976], wonach auch krankenversicherungspflichtig sind

"Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch beziehen, soweit sie nicht familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 des Zweiten Buches [Erstaustattungen für Wohnung, Bekleidung, Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten] bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist".

 

Grundsatzregelung bei Leistungsbezug nach SGB XII (§ 264 SGB V)

Der bisherige § 264 SGB V wurde um die Absätze 2 bis 7 erweitert [BGBl. I, 2003, Nr. 55 , S. 2230] und erhielt – kurz zusammen gefaßt, aber unter Zitierung des Wesentlichen und unter Berücksichtigung der durch Artikel 4 des SGB XII-Gesetzes erfolgten Änderungen [BGBl. I, 2003, Nr. 67, Artikel 4 Nr. 7, S. 3055] – nun folgende Absätze:

Absatz 1: (bisheriger § 264 SGB V)

Absatz 2: "Die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem Dritten [Hilfe zum Lebensunterhalt] und Fünften bis Neunten Kapitel [Hilfe zur Gesundheit, Eingliederungshilfe Behinderter, Hilfe zur Pflege, Hilfe bei besonderen sozialen Schwierigkeiten, Hilfe in anderen Lebenslagen] des Zweiten Buches und von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes, die nicht versichert sind, wird von der Krankenkasse übernommen. Satz 1 gilt nicht für Empfänger, die voraussichtlich nicht mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, für Personen, die ausschließlich Leistungen nach § 11 Abs. 5 Satz 3 [angemessene Kosten der Rechts- und Schuldnerberatung] und § 33 [Kostenübernahme angemessene Alterssicherung, angemessenes Sterbegeld] des Zwölften Buches beziehen sowie für die in § 24 [Sozialhilfe für Deutsche im Ausland] des Zwölften Buches genannten Personen."

Absatz 3: Die genannten Empfängerinnen und Empfänger „haben unverzüglich eine Krankenkasse im Bereich des für die Hilfe zuständigen Trägers der Sozialhilfe zu wählen“. Dabei übt der „Haushaltsvorstand“ für sich und die Familienangehörigen das Wahlrecht aus. Wird dieses Wahlrecht nicht ausgeübt, so gelten § 28i SGB IV und § 175 Abs. 3 Satz 2 SGB V entsprechend [d.h. Anmeldung durch den Arbeitgeber (hier: Sozialhilfeträger) entweder bei der Krankenkasse des letzten Versicherungsverhältnisses oder, falls nicht vorhanden, bei einer gesetzlichen Krankenkasse gemäß § 173 SGB V; der Versicherungspflichtige (hier: Sozialhilfeempfänger) ist darüber (vom Sozialhilfeträger) zu informieren]

Absatz 4: (Chipkarte)

Absatz 5: „Wenn Empfänger nicht mehr bedürftig im Sinne des Zwölften Buches sind, meldet der Träger der Sozialhilfe diese bei der jeweiligen Krankenkasse ab. Bei der Abmeldung hat der Träger der Sozialhilfe die Krankenversichertenkarte vom Empfänger einzuziehen und an die Krankenkasse zu übermitteln.“

Absatz 6: (Vergütungsbemessung)

Absatz 7: „Die Aufwendungen, die den Krankenkassen durch die Übernahme der Krankenbehandlung ... entstehen, werden ihnen von den für die Hilfe zuständigen Trägern der Sozialhilfe vierteljährlich erstattet.“ [ferner Regelungen zum Verwaltungskostenaufwand]

Mit dieser Grundsatzregelung wird also festgelegt, daß die Bezieherinnen und Bezieher von Sozialhilfe nach dem SGB XII bis auf die genannten Ausnahmen für die Dauer des Leistungsbezuges bei den gesetzlichen Krankenkassen krankenversichert werden, auch diejenigen, die bisher nicht krankenversichert sind.

 

Krankenhilfe nach SGB XII

Die Krankenhilfe nach BSHG, wie sie in § 36 (Familienplanung), § 36a (Sterilisation), § 36b (Schwangerschaft und Mutterschaft), § 37 (Krankheit und Vorbeugung), § 38 (Leistungserbringung, Vergütung, Fahrkosten) geregelt war, bleibt auch im SGB XII grundsätzlich bestehen. Durch Artikel 28 des GMG [BGBl. I, 2003, Nr. 55, S. 2255] sind allerdings als wesentliche Änderung bei § 36b BSHG das Entbindungsgeld, bei § 38 die Fahrkosten sowie der Absatz 2, der die volle Kostenübernahme vorsah, wenn z.B. Zuzahlungen oder nur eine Teilkostenerstattung vorgesehen sind, gestrichen.

Seit dem 1. Januar 2005 sind die bisherigen Regelungen der §§ 36 bis 38 BSHG übergegangen in die §§ 47 bis 52 des für die Sozialhilfe geltenden 12. Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die Krankenhilfe nach dem SGB XII geht den Leistungen nach § 264 SGB V nach.

 

Zuzahlungen

§ 28 SGB V erhält einen Absatz 4 [BGBl. I, 2003, Nr. 55, S. 2192], der die Zuzahlungen bei Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen regelt. § 28 Abs. 4 SGB V lautet:

„Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten je Kalendervierteljahr für jede erste Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers, die nicht auf Überweisung aus demselben Kalendervierteljahr erfolgt, als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 2 [= 10 Euro] ergebenden Betrag an den Leistungserbringer.“

Damit ist klar, daß auch Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger sowie Empfängerinnen und -empfänger von Arbeitslosengeld II/Sozialgeld Zuzahlungen an Ärzte und Apotheken zu leisten haben.

 

Höhe der Zuzahlungen

Als Faustregel kann gelten: Zuzahlungen sind in Höhe von 10 Prozent der Kosten oder 10 Euro zu leisten.

Im Einzelnen werden seit dem 1. Januar 2004 fällig:

10 Euro pro Quartal – als Praxisgebühr für die ärztliche, zahnärztliche, psycho-therapeutische Behandlung

10 Euro pro Tag – für die stationäre Krankenhausbehandlung, ambulante und stationäre Reha, begrenzt auf 28 Kalendertage, und für die medizinische Reha für Mütter und Väter

10 Euro je Verordnung/Rezept

10 % der Kosten, mindestens 5 Euro/maximal 10 Euro/nicht mehr als die Kosten des Mittels – für Arzneimittel, Verbandmittel, Hilfsmittel

10 % der Kosten – bei Heilmitteln je Anwendung; bei Hilfsmitteln zum Verbrauch je Packung und maximal 10 Euro je Monat und Indikation; bei häuslicher Krankenpflege und begrenzt auf 28 Kalendertage pro Kalenderjahr; bei Sozio-Therapie und Haushaltshilfe kalendertäglich und mindestens 5 Euro/maximal 10 Euro

Sonderregelungen:

Fahrtkosten [Definition siehe Artikelende] zur ambulanten Behandlung werden nur noch nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse und nur in besonderen Ausnahmefällen übernommen (10 % der Kosten, mindestens 5 Euro/maximal 10 Euro)

Zusätzliche Kosten – bei Arzneimitteln/Verbandmitteln, wenn der Preis den festgelegten Festbetrag übersteigt (keine Kostenbefreiung, keine Anrechnung auf die Belastungsgrenze)

Keine Praxisgebühr – bei zahnärztlichen Kontrollbesuchen, bei Vorsorgeterminen, bei Schutzimpfungen, bei Überweisungen.

Zahnersatz: „Bei der Versorgung mit Zahnersatz finden [die alten Regelungen] bis zum 31. Dezember 2004 weiter Anwendung“, so § 62 Abs. 4 SGB V [BGBl. I, 2003, Nr. 55, S. 2200]. Ab 1. Juli 2005 gilt, daß der Zahnersatz (Brücken, Kronen, Prothesen, nicht aber Füllungen) verpflichtend zusätzlich versichert werden muß. Dafür wird ein einkommensabhängiger zusätzlicher monatlicher Betrag mit dem Krankenversicherungsbeitrag erhoben. Dabei gilt für Empfängerinnen und -empfänger von Arbeitslosengeld II [Korrektur vom 8. Januar 2005:] , daß dieser zusätzliche Beitragssatz von 0,9 % des Bruttogehalts gemäß § 241a Abs. 2 SGB V in einem solchen Fall nicht erhoben wird [BGBl. I, 2004, Nr. 69, S. 3445, Artikel 1 Nr. 1c], das heißt, die Arbeitsagentur/ARGE/Optionskommune spart die entsprechenden Kosten. Bereits seit dem 1. Januar 2005 gelten Festzuschüsse für Zahnersatz und es bleiben auch die Bonusregelungen für diejenigen, die weiterhin zu Kontrolluntersuchungen gehen und sich dies wie bisher abstempeln lassen. Familienmitglieder zahlen keinen eigenen Beitrag. Für Härtefälle nach § 55 Abs. 2 Satz 1 SGB V wird der doppelte Festzuschuß-Betrag, jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Kosten, bezahlt [Artikel 1, Nr. 1 a) Doppelbuchstabe aa) des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom  15. Dezember 2004 - BGBl. I, 2004, Nr. 69, S. 3445].

Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß Sehhilfen/Brillen seit dem 1. Januar 2004 aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen sind (Ausnahme: Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren und schwer Sehbehinderte).

 

Begrenzung der Zuzahlungen

Als Faustregel kann gelten: Kinder unter 18 Jahren leisten grundsätzlich keine Zuzahlungen. Bei homöopathischen Arzneimitteln nur für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr. Alle anderen leisten Zuzahlungen bis 2 Prozent ihres Bruttoeinkommens bzw. chronisch Kranke [Definition siehe Artikelende] bis 1 Prozent ihres Bruttoeinkommens. Die Zuzahlungen sind je Kalenderjahr zu leisten.

Speziell für Sozialhilfe beziehende Personen ist der Begriff des Bruttoeinkommens in § 62 Abs. 2 SGB V festgelegt:

[...] „Abweichend ... ist bei Versicherten,

1. die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch erhalten,

2. [bei Sozialhilfe in Einrichtungen]

sowie für den in § 264 genannten Personenkreis als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelsatz des Haushaltsvorstands nach der Verordnung zur Durchführung des § 28 des Zwölften Buches maßgeblich.“

Diese bisher für das alte Sozialhilferecht geltende Regelung wurde mit Artikel 4 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch lediglich redaktionell angepaßt [BGBl. I, 2003, Nr. 67, Artikel 4 Nr. 5, S. 3055].

Für Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II wurde für die gesamte (!) Bedarfsgemeinschaft festgelegt [BGBl. I, 2004, Nr. 41, Artikel 4 Nr. 1, S. 2023]:

Dem § 62 Abs. 2 [SGB V] wird folgender Satz angefügt:

"Bei Versicherten, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch erhalten, ist abweichend von den Sätzen 1 bis 3 als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 des Zweiten Buches maßgeblich."

Das heißt, gemessen an einem Regelsatz für Bedürftige/Haushaltsvorstände in Höhe von 345 Euro (West)/ 331 Euro (Ost) ergeben sich Grenzbeträge von gerundet 83 Euro (West)/ 79 Euro (Ost) bzw. für Chroniker von 41 Euro (West)/ 40 Euro (Ost).

Wichtig: Alle geleisteten Zuzahlungen müssen durch Quittungen dokumentiert werden. Bei den Krankenkassen können Nachweishefte für die Zuzahlungen angefordert werden. Nur nachgewiesene Zuzahlungen werden berücksichtigt.

 

Befreiung von der Zuzahlung

Grundsätzlich verloren schon die bisherigen Befreiungen (für Studenten, Arbeitslosenhilfeempfänger, Sozialhilfeempfänger und Personen unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze) am 1. Januar 2004 ihre Gültigkeit.

Seit dem 1. Januar 2004 muß jeder und jede über 18 Jahre bzw. jede Haushaltsgemeinschaft/Bedarfsgemeinschaft Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze leisten. Sollte diese im Laufe des jeweiligen Kalenderjahres erreicht werden, kann bei der zuständigen Krankenkasse die Befreiung von weiteren Zuzahlungen bis zum Jahresende beantragt werden.

Dabei werden alle Zuzahlungen nach dem Gesetz berücksichtigt (Ausnahme: zusätzliche Kosten oberhalb der Festbeträge). Konkret heißt das: Praxisgebühr+Rezeptzuzahlung+Medikamentenzuzahlung. Es gelten laut Schreiben der Krankenkassenverbände vom 26. November 2003  die Zuzahlungsregeln für jedes einzelne Medikament, Verbandmittel und Hilfsmittel (ausgenommen Harn- und Blutteststreifen).

Konkret findet sich dieses in § 62 SGB V [BGBl. I, 2003, Nr. 55, S. 2200] „Belastungsgrenze“:

Absatz 1: „Versicherte haben während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind.“ [...]

Absatz 3: „Die Krankenkasse stellt dem Versicherten eine Bescheinigung über die Befreiung nach Absatz 1 aus.“ [...]

 

Keine Erstattung bei Sozialleistungsbezug nach SGB II/SGB XII

Wie schon dargestellt, müssen auch Personen/Familien, die Sozialhilfe/Arbeitslosengeld II beziehen, bis zur Belastungsgrenze Zuzahlungen leisten. Am 22.10.2004 beschloß der Bundestag eine Änderung hinsichtlich der Zuzahlungen bei Heimbewohnern: Um eine "Überforderung" - Heinbewohner mußten die Zuzahlungen bisher aus ihrem Taschengeld leisten - schon am Jahresanfang zu vermeiden, wird jetzt der maximal mögliche Zuzahlungsbetrag für ein ganzes Jahr vorab seitens des Sozialhilfeträgers als Darlehen an die zuständige Krankenkasse überwiesen. Die Heimbewohner müssen dieses Darlehen dann während des Jahres in monatlichen Raten zurückzahlen [BTDrs. 15/3977]. Der Zuzahlungsgrenzbetrag wird damit gleichmäßig auf die Jahresmonate verteilt. 

Eine Erstattung dieser zusätzlichen Belastung etwa im Rahmen einer Regelsatzerhöhung oder einer Kostenerstattung auf Antrag im Rahmen Einmaliger Beihilfen ist nicht vorgesehen. Bezogen auf ein Kalenderjahr bedeutet dies eine faktische Regelsatzkürzung von 6-7 Euro (Chroniker: 3-4 Euro) pro Monat.

Schon Artikel 29 des GMG [BGBl. I, 2003, Nr. 55, S. 2255] lautete „Änderung der Regelsatzverordnung“ und bestimmte den neuen Wortlaut des § 1 Abs. 1 Regelsatzverordnung (zu § 22 BSHG) wie folgt [Änderung unterstrichen]:

„Die Regelsätze umfassen die laufenden Leistungen für Ernährung, hauswirtschaftlichen Bedarf einschließlich Haushaltsenergie sowie für persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Dazu gehören auch die laufenden Leistungen für die Beschaffung von Wäsche und Hausrat von geringem Anschaffungswert, für die Instandsetzung von Kleidung, Schuhen und Hausrat in kleinerem Umfang, für Körperpflege, für Reinigung sowie die Leistungen für Kosten bei Krankheit, bei vorbeugender und bei sonstiger Hilfe, soweit sie nicht nach den §§ 36 bis 38 des Gesetzes übernommen werden.“

Oder anders ausgedrückt, wie es in einem Schreiben des Landessozialamtes Niedersachsen an den Autor so treffend lautet: „dass der Gesetzgeber keinen Raum für die Übernahme von Zuzahlungen durch den Sozialhilfeträger geboten hat“.

Dies gilt unverändert fort, nur eben jetzt bezogen auf Leistungen nach dem SGB II und SGB XII.

 

Definition „schwer chronisch krank“

Am 22. Januar 2004 hat der Gemeinsame Bundesausschuß die Definition von „schwer chronisch krank“ beschlossen. Demnach ist schwer chronisch krank, wer in ärztlicher Dauerbehandlung (nachgewiesen durch 1 Arztbesuch pro Quartal wegen derselben Krankheit) ist und zusätzlich entweder pflegebedürftig nach Pflegestufe II oder III ist, oder einen Behinderungsgrad oder Erwerbsminderungsgrad von mindestens 60 % aufweist, oder ohne kontinuierliche ärztliche Versorgung "eine lebensbedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität" zu erwarten hat.

Definition Krankentransport-Richtlinie

Folgende Fahrten werden übernommen, wenn sie ärztlich verordnet und von der Krankenkasse genehmigt sind: bei Pflegestufe II oder III; bei Besitz eines Schwerbehindertenausweises „aG“ (außergewöhnlich gehbehindert) oder „Bl“ (blind) oder „H“ (hilflos); bei einer Grunderkrankung, die eine bestimmte Therapie über einen längeren Zeitraum erfordert, wobei Krankheit oder Therapie den Patienten so beeinträchtigen, "dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist"; ferner "Fahrten zur ambulanten Dialyse, zur onkologischen Strahlentherapie oder onkologischen Chemotherapie können als Ausnahmefall weiterhin verordnet werden. Diese Liste ist nicht abschließend".

[http://www.bmgs.bund.de/download/bag.pdf]

[http://www.gemeinsamer-bundesausschuss.de/pdf/pm/2004-01-22-gba-PM3.pdf]

 

  

[Quellen;Links:]

BGBl. I, 2003, Nr. 55, S. 2190 ff.

http://www.bmgs.bund.de/downloads/GKV_Modernisierungsgesetz.pdf

Korrespondenz des Autors zwischen dem 10. November und dem 16. Dezember 2003 mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS), dem Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben (Landessozialamt Niedersachsen), dem Fachbereich Soziales der Stadt Göttingen (Sozialamt Stadt Göttingen)

Gemeinsames Rundschreiben AOK-Bundesverband, Bonn, Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Essen, IKK-Bundesverband, Bergisch Gladbach, See-Krankenkasse, Hamburg, Bundesverband der Landwirtschaftlichen Krankenkassen, Kassel, Bundesknappschaft, Bochum, AEV – Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V., Siegburg, Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., Siegburg, vom 26. November 2003

http://www.bmgs.bund.de/deu/gra/aktuelles/pm/bmgs03/bmgs4_4596.cfm

http://www.bmgs.bund.de/downloads/03-12-19-284_01.01.04.-Zahnersatz.pdf

http://www.bmgs.bund.de/deu/gra/themen/gesundheit/index_4650.cfm

Infoblatt der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) vom Dezember 2003

http://www.bmgs.bund.de/download/bag.pdf

http://www.gemeinsamer-bundesausschuss.de/pdf/pm/2004-01-22-gba-PM3.pdf

Bundestags-Drucksache 15/3977

BGBl. I, 2003, Nr. 66, S. 2975-2977

BGBl. I, 2003, Nr. 67, S. 3054/3055

BGBl. I, 2004, Nr. 41, S. 2023

BGBl. I, 2004, Nr. 69, S. 3445/3446

 

 

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Links zu diesem Artikel wurden geschaltet auf:

http://omega.twoday.net/stories/483212/ (am 21.1.2005)

http://www.labournet.de/diskussion/wipo/gesund/armutsgesetz.html (am 20.1.2005)

http://www.labournet.de/news/2005/donnerstag2001.html (am 20.1.2005)

 

 

 

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