Herbert Masslau

Kritik am KdU-Gutachten der „Analyse&Konzepte“ 2013 für Göttingen

(16. Juni 2013)

 

 

Als kurzer Begleittext:

 

§ 6 SGB II regelt die Frage der Trägerschaft der Leistungen nach dem SGB II.

Wohl in Kenntnis der verfassungsrechtlichen Problematik sollte ursprünglich die Trägerschaft ausschließlich bei der Bundesagentur für Arbeit liegen. Die Bundesländer stimmten dagegen und als Kompromiß kam die Aufgabenaufteilung zwischen Bund und Kommunen.

Art. 84 Abs. 1 GG bestimmt, daß den Kommunen durch Bundesgesetz keine Aufgaben übertragen werden dürfen. Die Aufsicht über die Kommunen und die Vertretung der Interessen der Kommunen gegenüber dem Bund nehmen nämlich die Bundesländer wahr. Dies ist die Folge der Konstituierung Deutschlands als Bundesstaat (Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 28 GG).

Die finanziellen Regelungen finden sich in den Art. 105, 106 GG.

Entgegen der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichtes befand das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 vom 20. Dezember 2007:

„§ 44b SGB II ist mit Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 und 2 in Verbindung mit Artikel 83 des Grundgesetzes unvereinbar. Die Vorschrift bleibt bis zum 31. Dezember 2010 anwendbar, wenn der Gesetzgeber nicht zuvor eine andere Regelung trifft.“

Damit war die vorgenommene Aufteilung der Zuständigkeiten nach § 44b SGB II a.F. nicht mehr aufrechterhaltbar. Eine Neukonstruktion stand von vorneherein unter dem gleichen unlösbaren Problem. Schließlich wurde als einzige Lösung die Änderung des Grundgesetzes vorgenommen und für „Hartz IV“ extra der Art. 91e GG eingeführt.

§ 22 SGB II, der die Kosten der Unterkunft regelt, ist aufgrund seiner gegen die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zur Regelleistung (1 BvL 1/09 u.a., Rdnr. 137) verfassungswidrig im Hinblick auf die Nichtnachvollziehbarkeit unbestimmter Rechtsbegriffe:

„Wenn der Gesetzgeber seiner verfassungsmäßigen Pflicht zur Bestimmung des Existenzminimums nicht hinreichend nachkommt, ist das einfache Recht im Umfang seiner defizitären Gestaltung verfassungswidrig.“

Das Land Niedersachsen hat bisher keine Rechtsregelungen zur Satzungsermächtigung i.S.d. §§ 22a bis 22c SGB II n.F. erlassen. Daraus folgt, daß in Niedersachsen ausschließlich § 22 SGB II anwendbar ist.

Aufgrund der Schaffung von Kommunen als SGB II-Gesamtleistungsträger, sog. Optionskommunen, zu denen der Landkreis Göttingen mit der Stadt Göttingen gehört, ergibt sich daraus folgende Problematik:

Aufgrund dessen, daß es sich bei dem SGB II um ein Bundesgesetz handelt, handeln Kommunen, vermittelt über die Bundesländer quasi im sog. übertragenen Wirkungskreis. Dies bleibt verfassungsrechtlich problematisch trotz des neuen Art. 91e GG. Dann aber können der Kreistag des Landkreises Göttingen und der Stadtrat der Stadt Göttingen, die zudem in Auftragsverwaltung des LK Göttingen handelt per landesrechtlicher Heranziehungsvereinbarung, kein KdU-Gutachten beschließen; es bliebe originales Verwaltungshandeln, die „angemessenen“ KdU, auch durch ein Gutachten, festzustellen. Andererseits müßten der Landrat oder als übergeordnete Kommunalaufsichtsbehörde das Innenministerium des Landes Niedersachsen derlei Beschlüsse kommunaler Gremien kassieren, da ansonsten die kommunalen Verwaltungen an die Beschlüsse der Kommunal„parlamente“ gebunden wären. Der Bürger kann dies nicht erzwingen.

Die Kritik am A&K-Gutachten für Göttingen ist von mir bereits zum Gegenstand meines eigenen Klageverfahrens S 39 AS 699/13 vor dem SG Hildesheim gemacht worden.

Da bereits das F+B-Gutachten 2009, welches 73.000 Euro gekostet haben soll, zum einen nie zur Anwendung kam, zum anderen durch alle entsprechenden Urteile des SG Hildesheim für nicht tragfähig und nicht nachbesserbar beurteilt wurde, steht das gleiche für das A&K-Gutachten zu befürchten.

Grunddessen habe ich meine Kritik am A&K-Gutachten auch dem Deutschen Steuerzahlerbund und dem Niedersächsischen Landesrechnungshof zukommen lassen. Der Nds. LRH hat mittlerweile mitgeteilt, daß er derzeit nicht vorhat, die Bedarfe nach § 22 SGB II zu prüfen und deshalb mein Anliegen an die Kommunalaufsicht des Nds. Innenministeriums weitergeleitet.

Meine Kritik am A&K-Gutachten 2013 zur Bestimmung der „angemessenen“ KdU für das Gebiet der Optionskommune Göttingen ist zur Dokumentation

 

hier

eingestellt.

Da mir auffällt, daß in Deutschland immer mehr kommunale Träger „Analyse&Konzepte“ mit KdU-Gutachten beauftragen, ist der ein oder andere Kritikpunkt vielleicht auch für Betroffene an anderen Orten von Interesse.

 

 

 

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