Herbert Masslau

Wohngeldgesetz 2016 – Gesetz mit Fallen

(3. Dezember 2015)

 

 

Vorbemerkung

Grundlage bleibt das Wohngeldgesetz (WoGG), welches am 1. Januar 2009 in Kraft trat [BGBl. I, 2008, Nr. 42, S. 1856 ff.]. Die Änderungen im WoGG 2016 [BGBl. I, 2015, Nr. 38, S. 1610 ff.] beziehen sich also auf das WoGG 2009.

Grundsätzlich ist festzustellen, daß bei Inkrafttreten eines neuen WoGG die Ermittlungsdaten bereits zwei, drei Jahre alt sind.

Die letzten Änderungen sind aus dem Jahre 2001 – 2005 änderte nicht die Beträge, sondern paßte das WoGG „nur“ dem „Hartz IV“ an – , 2009 und jetzt 2016. Wird der zeitliche Vorlauf der Datenermittlung hinzugenommen, so sind die Daten vom 31. Dezember 2006 [BRatDrs. 128/15, S. 34] für WoGG 2009 bzw. 31. Dezember 2012 [BTDrs. 18/4897(neu), S. 67] für WoGG 2016.

Positiv ist zu vermerken, daß das Wohngeld nun an die Vorschriften für Mietspiegel (§§ 558c,d BGB) angepaßt werden soll, also alle zwei Jahre neu zu ermitteln ist (§ 39 WoGG). Denn die Werte WoGG 2016 holen nur nach, was die Preisentwicklung seit 2009 ergeben hat, d.h. bereits 2017 sind die Tabellenwerte WoGG 2016 überholt.

Es steht allerdings zu befürchten, daß dies nur ein Schritt dahin ist, die Tabellenwerte WoGG bald gesetzlich in den § 22 SGB II aufzunehmen. Das würde nicht nur den kommunalen Trägern SGB II/SGB XII die Kosten für KdU-Gutachten ersparen, sondern auch jede weitere hinhaltende BSG-Rechtsprechung überflüssig machen, und nach 10-15 Jahren wäre auch die „Hartz IV“-Realität dort angekommen, wo vor 2005 die Sozialhilfe(BSHG)-Realität bereits war.

Seit 2005 wurde das WoGG immer mit dem SGB II („Hartz IV“) abgestimmt.

Die Regelung § 40 Abs. 4 SGB II a.F., wonach bei Erstattungsforderungen gemäß § 50 SGB X 56% der KdU-Leistungen wegen des Ausschlusses vom WoG-Bezug nicht zu erstatten seien, ist ab 1. Januar 2016 durch das 9. SGB II-ÄndG gekippt. Begründung: der durch das WoGG 2016 mögliche nachträgliche Bezug von WoG-Leistungen.

Dies richtet sich in erster Linie gegen zwangsverrentete Personen.

Wird nachträglich im Rahmen von §§ 5 Abs. 3, 12a SGB II eine Rentenleistung bewilligt, so geht diese über auf den SGB II-Leistungsträger. Mit den neuen Regelungen des 9. SGB II-ÄndG können ab 1. Januar 2016 SGB II-Leistungen nur vorläufig bewilligt werden, mit der Folge, daß insbesondere gegen zwangszuverrentende Personen dieses Mittel eingesetzt wird. Der SGB II-Leistungsträger braucht dann nicht mehr im Klagewege die Leistung vom Hilfeempfänger bzw. von der Hilfeempfängerin zurückzufordern, sonder kann sie direkt vom Rentenversicherungsträger überleiten. Gleichzeitig können nachträgliche Wohngeld-Leistungen ebenfalls gemäß § 104 SGB X auf den SGB II-Leistungsträger übergeleitet werden.

Da die Grundsicherung im Alter mit den günstigen Bedingungen erst ab 65+ Jahren greift, kann der SGB XII-Leistungsträger bei Zwangsverrenteten auch deren Kinder gemäß § 94 SGB XII zum Elterunterhalt heranziehen. Dies kann über § 104 SGB X auch der WoG-Leistungsträger, wenn er im Erstattungswege bei Zwangsverrenteten für den SGB II-Leistungsträger eintreten muß.

Wie gesagt, es ist hier nicht nur ein großer Verschiebebahnhof eröffnet zulasten von Rentenkasse, WoG-Leistungsträger und SGB XII-Leistungsträger zugunsten des SGB II-Leistungsträgers, sondern auch zugunsten des WoG-Leistungsträgers und SGB XII-Leistungsträgers und zulasten der Kinder von Zwangsverrenteten.

Nachfolgend wird das ab 2016 geltende Wohngeldrecht rückwärts betrachtet. Dies bietet sich zum Teil aus Verständnis- und systematischen Gründen an, zum Teil aus dramatischen Gründen, weil so der dickste Hammer am Schluß kommt.

Sofern den Paragraphen keine Gesetzesbezeichnung folgt, handelt es sich um Paragraphen des Wohngeldgesetzes (WoGG).

 

Wohngeldgesetzänderungen 2016

§ 42a Abs. 1 (neu)

Dieser neu eingefügte Paragraph legt die Neubescheidung bereits erlassener WoG-Bescheide fest, sofern diese Zeiträume umfassen, die nach dem 31. Dezember 2015 liegen.

Hiernach sind bei der Neubescheidung ab 1. Januar 2016 die neuen Höchstbeträge der Mietenstufen nach § 12, die Einkommen und Pauschalabzüge nach § 16, die Berechnungsformel für die Höhe des Wohngeldes nach § 19 sowie die Neuzuordnung der Mietenstufen nach der WoGV zu berücksichtigen. Alles andere bleibt in der Fassung des WoGG bis 31. Dezember 2015.

Dies dürfte im Regelfall zu einer Erhöhung des Wohngeldes ab 1. Januar 2016 bis zum Ende des laufenden Bewilligungszeitraumes führen.

 

§ 39 Abs. 1 (neu)

Hiernach sind die Höchstbeträge für Miete und Belastung, die Mietenstufen (alles § 12), sowie die Höhe des Wohngeldes (§ 19) alle zwei Jahre zu überprüfen.

Hier wird das WoGG der Mietmarktrealität angepaßt, indem die Regelungen für Mietspiegel (§§ 558c Abs. 3, 558d Abs. 2 BGB) übernommen werden. Im Übrigen wird auf die eingangs gemachte Bemerkung hierzu verwiesen.

 

§ 29 Abs. 4 (neu)

Den bisherigen Regelungen für zu erstattendes Wohngeld (Aufrechnung und Verrechnung mit WoG-Leistungen) wird ein neuer Absatz hinzugefügt, der die gleichzeitige vorläufige Zahlungseinstellung zur Folge hat.

Dies wäre wohl nicht zu kritisieren, wenn Leistungsbezieher falsche Angaben gemacht hätten, die zum Wegfall des Wohngeldes führen würden, aber dieser neue Absatz eröffnet die Möglichkeit der Zahlungseinstellung auch bei Denunziation durch Dritte. Bei Denunziation sind lediglich die Betroffenen in Kenntnis zu setzen und zu einer Stellungnahme aufzufordern. Hier wird also der Druck, wie er „Hartz IV“ beziehenden Menschen bereits bekannt ist, auch auf das Wohngeldrecht ausgedehnt, mit den entsprechend menschenverachtenden Folgen gerade für Haushalte mit minderjährigen Kindern.

 

§ 25 Abs. 4 (neu)

Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 4 und neu gefaßt.

Wird eine das Wohngeld ausschließende Leistung (§ 7 Abs. 1) abgelehnt – z.B. bei Zwangsverrentung – beginnt zwar die WoG-Leistung ab dem Monatsersten des Monats, ab dem die Wohngeld ausschließende Leistung – z.B. Alg II – nicht mehr gewährt wird, aber (!) nur, wenn vor Ablauf des Monats, welcher auf die Kenntnis des Wegfalls der Leistung nach § 7 Abs. 1 WoGG folgt, der WoG-Antrag gestellt wurde.

Wohngeld ausschließende Leistungen nach § 7 Abs. 1 WoGG sind hauptsächlich das Alg II und Sozialgeld nach dem SGB II, die Grundsicherung im Alter und die Sozialhilfe nach dem SGB XII sowie die Leistungen nach dem AsylbLG.

Wer z.B. zwangsverrentet wird, muß, auch wenn er bzw. sie sich mit Klagen vor den Sozialgerichten gegen den SGB II-Leistungsträger und gegen die Rentenkasse (SGB VI) wehrt, rechtzeitig einen Wohngeldantrag stellen. Hierbei sollte aber in die Überlegung miteinbezogen werden, ob die nachträgliche Bewilligung von WoG-Leistungen nicht zu einer Überleitung z.B. an den SGB II-Träger führt, was sich dann für den Zwangsverrenteten bzw. die Zwangsverrentete nicht lohnt. In jedem Falle werden gerade für Zwangsverrentete zusätzliche formaljuristische Hürden aufgebaut.

Dies korreliert mit der ebenfalls ab 1. Januar 2016 durch das 9. SGB II-ÄndG abgeschafften Regelung § 40 Abs. 4 SGB II a.F., wonach bei Erstattungsforderungen gemäß § 50 SGB X 56% der KdU-Leistungen wegen des Ausschlusses vom WoG-Bezug nicht zu erstatten sind. Diese neue Regelung ist zwar oberflächlich und auch real in einzelnen Fällen positiv zu betrachten, ermöglicht sie doch den nachträglichen Zugang zu WoG-Leistungen, aber, wie gesagt, für Zwangsverrentete stellt sich die Sache komplizierter und eventuell als Nullsummenspiel dar.

 

§ 17 Nr. 3 u. Nr. 4 (neu)

Die Freibeträge vom Einkommen werden erhöht.

Der bisher in Nr. 4 behandelte Alleinerziehenden-Freibetrag wird die neue Nr. 3. Der 600 Euro-Freibetrag, der bisher für Haushaltsmitglieder unter 12 Jahren, für die Kindergeld geleistet wird, und die mit einer bzw. einem Alleinerziehenden zusammenwohnen, gewährt wurde, wird zwar auf 1320 Euro erhöht. Aber Achtung (!), bisher wurde der Freibetrag von 600 Euro für jedes unter 12-jährige Kind gewährt, jetzt nur noch als einmaliger Freibetrag, wenn dem Haushalt ein minderjähriges (unter 18) Kind angehört. D.h., wer bisher 1800 Euro für drei U-12-Kinder bekam, bekommt jetzt nur noch 1320 Euro.

Hierbei ist auch noch zu beachten – rechte Tasche, linke Tasche –, daß sich der Freibetrag dadurch reduziert, daß nunmehr der 6%-ige Pauschalabzug entfällt (s.u. § 16 Abs. 2).

Die bisherige Nr. 5 wird die neue Nr. 4. Der 600 Euro-Freibetrag für Kinder von 16-25 Jahren wird von 600 Euro auf 1200 verdoppelt. Aber halt! Bekamen bisher Kinder zwischen 16 und 25 Jahren den 600 Euro-Freibetrag für jede Art von Einkommen, also auch für Unterhaltseinkommen, BAföG etc., so bekommen diese Kinder den 1200 Euro-Freibetrag nur noch bei „eigenen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit“. D.h. für Mischhaushalte gemäß § 3 Abs. 4 WoGG gilt ab 1. Januar 2016: wer zum Beispiel bisher höheres Wohngeld aufgrund des 600 Euro-Freibetrages vom Unterhaltseineinkommen des Kindes bekam, bekommt jetzt weniger oder gar kein Wohngeld mehr.

Für schwerbehinderte Kinder wurden die Regelungen vereinheitlicht, so daß jetzt auch pflegebedürftige schwerbehinderte Kinder statt bisher 1200 Euro (bisherige Nr. 2) nunmehr 1500 Euro Freibetrag bekommen (wie Nr. 1).

 

§ 16 Abs. 1 (neu)

Die Abzüge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge werden ebenfalls auf drei Jahre verteilt bei Einmaligem Einkommen. Inwieweit dies zu einer Verbesserung führt, kann an dieser Stelle nicht beurteilt werden, weil sich dies nur bei Kenntnis des konkreten Einkommens errechnen ließe. Außerdem betrifft die Regelung Abfindungen, die steuerrechtlich im Jahr der Auszahlung angerechnet, wohngeldrechtlich aber auf drei Jahre verteilt werden.

 

§ 16 Abs. 2 (alt)

Diese Regelung ist abgeschafft.

Das führt dazu, daß Kinder, die keine eigenen Sozialversicherungsbeiträge leisten, nicht mehr den Pauschalabzug von 6% vom Einkommen bekommen, so daß sich deren anzurechnendes Einkommen erhöht und damit – zusätzlich zu den Neuregelungen in § 17 – das zunächst höhere Wohngeld wieder verringert!

Diese Regelung kann durchaus als Analogregelung zu § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-Verordnung aufgefaßt werden. Ein Beispiel mehr, wie die „Hartz IV“-Gesetzgebung auch andere soziale Leistungsgesetze dominiert.

 

§ 14 (neu)

Dies betrifft die Ermittlung des wohngeldrechtlich relevanten Jahreseinkommens.

Die bisherigen Nr. 12 u. Nr. 13 des Abs. 2 werden in Abs. 1 eingefügt. Hierunter fallen z.B. Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers oder von ihm übernommene Verpflegungskosten, aber auch die pauschalbesteuerten Minijob-Einkommen (§ 40a EStG).

Absatz 2 (neu)

Die Nr. 19 erweitert die Berücksichtigung von Unterhalt als Einkommen nunmehr auch auf einmalige Zahlungen, z.B. Nachzahlungen, wenn sich der Unterhaltsanspruch erhöht.

Nr. 27 regelt, daß die BAföG-Zusatzleistungen für Härtefälle nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Ausgenommen ist der Kinderbetreuungszuschlag.

Nr. 30 enthält Klarstellungen zu den Ausschlußkriterien des § 7 Abs. 1 u. Abs.2.

Nr. 30 regelt aber auch etwas Neues, nämlich hinsichtlich der Fälle des § 5 Abs. 4 (s.u.). Dies betrifft Haushalte getrennt lebender Eltern, deren Kinder sich etwa hälftig bzw. zwischen einem Drittel und zwei Dritteln in beiden Haushalten aufhalten.

Dabei sollen sowohl die Unterkunftskosten (KdU) als auch das Sozialgeld, welches anteilig für den anderen Haushalt gezahlt wird, nicht als Einkommen beim wohngeldberechtigten Haushalt berücksichtigt werden. Da nur Mischhaushalte (§ 3 Abs. 4) in diesem Zusammenhang wohngeldberechtigt sind, setzt dies bei einem Kind, welches Leistungen im Rahmen des SGB II, SGB XII etc. erhält, voraus, daß der Elternteil des wohngeldberechtigten Haushalts keine dieser Leistungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 9) erhält.

Hierzu erfolgt – im Gegensatz zum WoGG 2016 ist das 9. SGB II ÄndG noch nicht beschlossen im Erscheinungszeitpunkt dieses Artikels – eine Änderung auch in § 7 Abs. 3 SGB II. In Verbindung damit wird dem § 23 SGB II („Besonderheiten beim Sozialgeld“) eine Nr. 5 angefügt, die lautet: „In den Fällen des § 7 Absatz 3 Satz 3 ist für ein minderjähriges Kind in jeder Bedarfsgemeinschaft jeweils der halbe maßgebende Regelbedarf anzuerkennen.“ [Referentenentwurf der Bundesregierung vom 12. Oktober 2015 zum „Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung“].

Es wurde an dieser Stelle bewußt darauf verzichtet, auf alle Spezialfälle, die genannt sind, einzugehen.

 

§ 12 Abs. 1 (neu)

Stark erhöhte Mietstufenhöchstbeträge, die aber nur eine aktuelle Anpassung an die Realität darstellen – z.B. Stadt Göttingen, Mietenstufe IV, 1 Person bisher 358 Euro, jetzt 434 Euro; 2 Personen bisher 435 Euro, jetzt 526 Euro; 4 Personen bisher 600 Euro, jetzt 730 Euro – und schon 2017 wieder überholt sein dürften durch die Mietwohnungsmarktrealität.

 

§ 9 Abs. 2 (neu)

Hierbei geht es um Mietkosten, die bei der Berechnung der Mietbelastung außer Betracht bleiben.

Nach der bisherigen Regelung wurden Untermietzuschläge, Zuschläge für eine gewerbliche Teilnutzung und Möblierungszuschläge nicht bei der Miete im Sinne des Wohngeldrechts berücksichtigt. Diese sind nunmehr entfallen, werden also bei der Berechnung der Miete berücksichtigt.

Stattdessen werden jetzt Kosten einer Stellplatzvergütung sowie Haushaltsenergie (Strom) soweit kein Heizstrom oder für die Warmwasseraufbereitung bei der Berechnung der Miete nicht berücksichtigt.

Soweit mit Strom geheizt und/oder Warmwasser erzeugt wurde, wurde dies schon bisher nicht berücksichtigt bei der Miete – mit einer kleinen historischen Ausnahme. Nun wird aber zusätzlich der Strom, welcher nicht zum Heizen und zur Warmwasserbereitung dient, von der Miete abgezogen, soweit Stromkosten in der Miete enthalten sind. Im Regelfall dürften Stromkosten für die Wohnung ohnehin an einen Drittversorger (Energieunternehmen) geleistet werden und damit unberücksichtigt bleiben. Negativ von der Neuregelung betroffen dürften diejenigen Haushalte sein, die eine Pauschalmiete zahlen, in welcher neben den „kalten“ Betriebskosten wie Müllabfuhr auch die „warmen“ Betriebskosten wie Heizung und eben der Stromverbrauch enthalten sind.

 

§ 8 Abs. 1 (neu)

Bisherige Verwaltungspraxis war, nachträglich Wohngeld zu bewilligen, wenn eine Leistungsbewilligung insbesondere nach dem SGB II zurückgenommen oder wieder aufgehoben wurde, also vollständig, mithin nicht geändert wurde bezüglich der Leistungshöhe.

Jetzt gilt der Ausschluß von WoG-Leistungen nach § 7 Abs. 1 WoGG als nicht erfolgt, wenn die andere Leistung nach §§ 103, 104 SGB X nachrangig ist (Nr. 4) oder nachträglich voll erstattet wird (Nr. 5).

Zielgruppe ist primär der Personenkreis der Zwangsverrenteten.

Dies gilt auch für den Fall, daß sich für die Zeit der Zwangsverrentung (63 bis 65+ Jahre) der eventuell eingetretene SGB XII-Leistungsträger via § 94 SGB XII den Elternunterhalt überleiten läßt.

Dies ist eine gesetzliche Regelung, die mit der Neuregelung des SGB II für 2016 korreliert.

Wie schon eingangs erwähnt, kippt das 9. SGB II-ÄndG die alte Regelung § 40 Abs. 4 SGB II, wonach bei Erstattungsforderungen gemäß § 50 SGB X 56% der KdU-Leistungen wegen des Ausschlusses vom WoG-Bezug nicht zu erstatten seien.

Zwangsverrentete müssen hierbei zusätzlich auf die Neuregelung in § 25 Abs. 4 WoGG achten (s.o.).

 

§ 5 Abs. 1 (neu)

Der Begriff des Haushaltsmitgliedes wird neu geregelt.

War bisher die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, das sog. „Wirtschaften aus einem Topf“ für die Zuordnung als Haushaltsmitglied Voraussetzung, so soll jetzt das gemeinsame Bewohnen von Wohnraum ausreichend sein für die Zugehörigkeit zum Haushalt.

Die Perfidie, die dahinter steckt, wird deutlich, wenn die offizielle Begründung dem rechtlich Möglichen gegenüber gestellt wird.

Die offizielle Begründung lautet: „Die bisherige Formulierung ist historisch bedingt, für die es aus heutiger Sicht keinen dringenden Bedarf mehr gibt.“ [BTDrs. 18/4897(neu), S. 81]

Tatsache wird sein, daß nun z.B. auch Untermieter mitgezählt werden. Siehe § 9 Abs. 2 (neu) Wegfall des Untermietzuschlages als Abzug von der Miete. Das heißt aber auch, daß zukünftig das Einkommen des Untermieters bzw. der Untermieterin mitgezählt wird, obwohl diese Person zivilrechtlich in keiner Weise unterhaltspflichtig ist, sofern nicht verwandt.

Das richtet sich verständlicher Weise gegen alle Alleinerziehenden, die eine fremde Person zur Untermiete zu wohnen haben, um die KdU im Rahmen des SGB II zu senken, deren Kind(er) aber wegen entsprechend hoher Unterhaltsleistungen unter § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II fällt und damit gemäß § 3 Abs. 4 wohngeldberechtigt ist (sog. Mischhaushalt). Inwieweit die „Hartz IV“-Behörden aus dieser wohngeldrechtlichen Regelung wiederum „Rückschlüsse“ auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ziehen, bleibt abzuwarten.

 

§ 5 Abs. 4 (neu)

Dies betrifft Kinder getrennt lebender Eltern.

Das bisher in § 5 Abs. 6 (alt) enthaltene gemeinsame Sorgerecht als Bezugsvoraussetzung entfällt.

Die bisher nur in der Wohngeldverwaltungsvorschrift (WoGVwV) geregelte Betreuungsaufteilung von zwischen einem Drittel und zwei Dritteln wurde jetzt im Gesetz festgeschrieben [BTDrs. 18/4897(neu), S. 82]. Die BSG-Rechtsprechung zum SGB II – aktuell: BSG, Urteil vom 12. November 2015, Az.: B 14 AS 23/14 R (Urteil noch nicht veröffentlicht) –, wonach ein Betreuungsanteil von 40% nicht annähernd zur Hälfte bedeute und deshalb keine Teilung der Leistungen für Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 SGB II rechtfertige, paßt nicht hierzu.

 

§ 3 Abs. 4 (neu)

Mischhaushalte. Folgeänderung zu § 5.

 

 

Fazit:

Das Wohngeldgesetz 2016 ist ein Beispiel dafür, daß die gesamte Sozialrechtsgebung zunehmend auf die „Hartz IV“-Gesetzgebung eingenordet wird. Zulasten der Betroffenen. Zugunsten von Lückenschließungen, wo andere Sozialgesetze „Hartz IV“-Empfängerinnen und -empfängern noch einen minimalen Vorteil bescherten. Die politische Marschrichtung ist nicht mehr zu verleugnen!

 

 

 

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