Herbert Masslau

Alg II – Kleiderordnung

(15. September 2006)

 

 

Die Absurditäten im Zusammenhang mit „Hartz IV“ werden zunehmend auch von den Gerichten angestoßen.

So urteilte das Sozialgericht Mainz:

„Ein Leistungsempfänger nach dem SGB II ist grundsätzlich gehalten, ausreichend Kleidung vorrätig zu halten, um Termine außerhalb seiner Wohnung, seien es Beratungen bei der Beklagten oder Vorstellungstermine bei potentiellen Arbeitgebern, unverzüglich nachkommen zu können. Das erfordert, dass die für das Verlassen der Wohnung erforderlichen Kleidungsstücke grundsätzlich mindestens in doppelter Ausfertigung vorhanden sind.“ [SG Mainz, Urteil vom 1. Juni 2006, Az.: S 11 AS 317/05, zit.n. Rechtsprechungsdatenbank bei www.tacheles-sozialhilfe.de]

Nun hatte aber der Kläger nur eine Hose, die zudem defekt war. Aber auch dies kein Problem für das Gericht, denn:

„Dem Kläger war es darüber hinaus auch zumutbar, den Meldetermin … trotz des defekten Reißverschlusses an seiner Hose wahrzunehmen. Der nicht schließende Reißverschluss konnte durch das Tragen entsprechender Kleidung, beispielsweise eines längeren Pullovers, einer Jacke oder eines Mantels, vor anderen Personen verborgen werden. Zudem wäre es dem Kläger zumutbar gewesen, die Öffnung der Hose durch Hilfsmittel, wie z.B. eine Sicherheitsnadel, zu schließen.“

Damit gab das SG Mainz der betreffenden Sozialbehörde recht, die dem Kläger das Arbeitslosengeld II um 10 Prozent gekürzt hatte, weil dieser „ohne wichtigen Grund“ (§ 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II) einer „Einladung“ – korrekt wäre: Vorladung – nicht nachgekommen war.

Nun, der Autor dieser Zeilen hätte nicht gedacht, daß diese Schmuddelmethode, nach 1968 durchaus nicht unchic, um die law-and-order-Generation der Nazi-Eltern zu provozieren, einmal zu gerichtlichen Ehren kommt. In § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, welcher insofern auch bei der Strafe nach § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II Berücksichtigung findet, wird ein solches Verhalten, wenn es zur Verhinderung der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses führt, mit einer Sperrzeit geahndet.

Und der Autor dieser Zeilen hegt nicht den geringsten Zweifel, daß, wäre dem Kläger dies wegen einer Sicherheitsnadel am Hosenschlitz passiert, dasselbe Gericht die Leistungskürzung gemäß § 31 SGB II um 30 Prozent für Rechtens erklärt hätte.

 

 

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