Schüler, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die eine allgemeinbildende oder eine andere Schule mit dem Ziel des Erwerbs eines allgemeinbildenden Schulabschlusses besuchen, erhalten bis zum Abschluss der Jahrgangsstufe 10 eine zusätzliche Leistung für die Schule in Höhe von 100 Euro, wenn mindestens ein im Haushalt lebender Elternteil am 1. August des jeweiligen Jahres Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch hat. Schüler, die nicht im Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils leben, erhalten unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2a die Leistungen nach Satz 1, wenn sie am 1. August des jeweiligen Jahres Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch erhalten. Der zuständige Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann im begründeten Einzelfall einen Nachweis über eine zweckentsprechende Verwendung der Leistung verlangen.“
Der Text für den neuen § 28a SGB XII ist in etwa gleichlautend. Siehe aber weiter unten zu den Unterschieden zu Lasten der nach SGB II Bedürftigen.
Vorbemerkung I
Dieser Artikel beschäftigt sich primär mit der Schulbeihilfe bezogen auf Bedürftige nach dem SGB II. Dort, wo Bezüge zum SGB XII unumgänglich sind, wird auch hierauf Bezug genommen.
Diese Differenzierung hat seinen Grund darin, daß der Personenkreis, der nach § 28a SGB XII eine Schulbeihilfe beziehen dürfte, gemessen am Personenkreis, der nach § 24a SGB II eine Schulbeihilfe beziehen wird, verschwindend gering sein dürfte. Zum einen ist – nach Auffassung des Autors verfassungswidrig – die Schulbeihilfe generell bis zum Abschluß des 10. Schuljahres beschränkt, zum anderen sind Schülerinnen und Schüler ab vollendetem 15. Lebensjahr dem SGB II unterworfen. Von daher kommen als Bedürftige nach SGB XII in diesem Zusammenhang fast nur Schulkinder unter 15 Jahren in Frage, die nicht bei ihren Eltern leben, also zum Beispiel ein 12-Jähriger, der bei seinen Großeltern lebt, weil zum Beispiel den Eltern wegen Alkoholproblemen das Sorgerecht entzogen wurde. Schon bei einem Schüler, einer Schülerin unter 15 Jahren, wohnhaft bei den Großeltern, weil die Eltern bei einem Verkehrsunfall gestorben sind, kommt es zum Problem der Anrechnung der Vollwaisenrente, die eventuell bedarfsdeckend ist. Eine weitere Fallgestaltung, bei der womöglich noch Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) oder nach Behindertenrecht (SGB IX) zu berücksichtigen wären, würden den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Statistisch wird der überwiegende Teil der SGB XII-Leistungen für Bedürftige in Einrichtungen (z.B. Pflegeheimen) gezahlt. Die antragsbedingte Sozialhilfe, also Grundsicherung im Alter bzw. bei voller Erwerbsminderung ist ohnehin nicht Gegenstand der Betrachtung. Deshalb ist auch die Schulbeihilfe nach § 28a SGB XII nicht ebenfalls eigentlicher Gegenstand dieses Artikels.
Regelfall ist das Sozialgeld nach § 28 SGB II beziehende Schulkind, welches mit mindestens einem Alg II beziehenden Elternteil zusammenlebt.
Vorbemerkung II
Wer einen Blick auf die Struktur des SGB II wirft, wird sich fragen, warum werden einmalige Schulbeihilfen als § 24a ins SGB II eingebracht und nicht als § 23 Abs. 3 Nr. 4, wie es dem ursprünglichen Vorschlag der Bundesländer entspricht und auch von der Systematik des SGB II her logisch wäre.
Denn abgesehen davon, daß die Paragraphen 19 (Allgemeines) und 27 (Verordnungsermächtigung) den Rahmen des betreffenden Unterabschnitts im Gesetz bilden und die Regelleistung für Familienangehörige gemäß § 28 (Sozialgeld) in einem eigenen Unterabschnitt geregelt ist, teilen sich die Paragraphen, die Geldleistungen gewähren, ein in
a) laufende Leistungen: Regelleistung (§ 20), Mehrbedarfe für besondere Gruppen (§ 21), Unterkunfts- und Heizkosten (§ 22),
b) einmalige Leistungen (§ 23), die abschließend geregelt sind und auch die Kosten für mehrtägige Klassenfahrten enthalten,
c) besondere Leistungen: Abfederung beim Wechsel vom Alg I zum Alg II (§ 24), Vermeidung des Wechsels des Leistungsträgers bei zwischenzeitlichen Leistungen der Rentenversicherung während einer Reha bzw. bei Verletztengeld aus der Unfallversicherung (§ 25), Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen in besonderen Fällen (§ 26) – hierbei handelt es sich um einen Bezug des SGB II zum SGB III, SGB V, SGB VI und SGB VII.
Wie also aus der Systematik ersichtlich, gehörte die Schulbeihilfe als einmalige Leistung nicht in den besonderen Bereich der Abgrenzung zu anderen Teilen des Sozialgesetzbuches, sondern eindeutig in den Bereich für einmalige Leistungen gemäß § 23 SGB II, zumal gerade die staatliche Schulpflicht (Art. 7 GG) eine Zuordnung zu den laufenden und einmaligen Leistungen verlangt und im Widerspruch zu einer Einordnung bei Sonderfällen steht.
Sollte bis zur endgültigen Klärung einer kindspezifischen Regelleistung nur eine Übergangsregelung beabsichtigt worden sein, so hätte auch eine Einordnung als § 23 Abs. 3 Nr. 4 dem nicht entgegengestanden.
Bleibt als einziger Erklärungsversuch – denn von reiner Unbedachtheit während des Gesetzgebungsverfahrens kann bei Vorliegen des Ländervorschlags eines § 23 Abs. 3 Nr. 4 nicht ausgegangen werden – die politisch gewollte Absicht, Schulbedarf nicht als solchen anzuerkennen, sondern hier lediglich, quasi als „humanitären Akt“, eine Leistung zu gewähren, die öffentlich als zusätzliche Familienförderung verkauft werden soll.
Und so wundert es auch nicht, wenn die Schulbeihilfe des § 24a SGB II nicht im Rahmen des „Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente“ daherkommt, mit dem übrigens nicht nur der § 16 SGB II geändert wurde, sondern auch Paragraphen wie der § 33 (Überleitung), der mit „arbeitsmarktpolitischen Instrumenten“ nichts zu tun hat, sondern daherkommt als Teil des „Gesetzes zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsgesetz)“.
Hier will sich eine Parteibuchwirtschaft, die bisher keine Probleme damit hatte, Schulkinder auf Sozialhilfeniveau den Schulbedarf aus der Regelleistung bezahlen zu lassen, in welcher gar keine Position für Schulbedarf enthalten ist, mit den Federn der Familienförderung schmücken. Einzig aus diesem Grunde ist die nur ein Drittel der tatsächlichen Kosten des Schulbesuchs abdeckende Schulbeihilfe als § 24a ins SGB II aufgenommen worden und nicht, wie es der Systematik entsprochen hätte, als § 23 Abs. 3 Nr. 4 SGB II.
Dies ergibt sich auch aus einem Vergleich mit dem SGB XII, wo die Schulbeihilfe in § 28a SGB XII – statt als § 31 Abs. 1 Nr. 4 SGB XII als einmalige Beihilfe – im direkten Zusammenhang mit dem Regelsatz § 28 SGB XII geregelt ist.
Damit wird auch deutlich, daß der Regelsatz SGB XII – und damit auch die Regelleistung SGB II – eben keine Position Schulbedarf enthält.
Vorgeschichte I
Offensichtlich angeregt durch die Abmeldung vieler „Hartz IV“-Kinder vom Schulmittagessen, aber auch dem Erscheinen ohne Schulmaterialien in den Schulen, sind nicht nur einzelne Kommunen dazu übergegangen, das Schulessen gegen die häusliche Ersparnis eines Mittagessens anzubieten, sondern haben auch Zuschüsse für die Einschulung und den Wechsel nach der Grundschule eingeführt.
Gleichwohl deckt das nicht alle Kosten des Schulbesuchs, zumal nicht alle Bundesländer die Befreiung von der Schulbuchmiete für „Hartz IV“-Kinder eingeführt haben.
In 2007 hat dann das Saarland eine Bundesratsinitiative zur Kostenübernahme beim Schulmittagessen gestartet (BRatDrs. 33/07), das Bundesland Rheinland-Pfalz wollte, daß zu Beginn eines jeden Schulhalbjahres durch einen zusätzlichen Paragraphen 23 Abs. 3a SGB II 20 Prozent der Regelleistung für Lernmittel erlangt werden könnten (BRatDrs. 676/07), das Bundesland Nordrhein-Westfalen wollte durch Erweiterung (§ 23 Abs. 3 Nr. 4 SGB II bzw. § 31 Abs. 1 Nr. 4 SGB XII) Leistungen für die Beschaffung von Unterrichtsmaterialien gesondert erbringen lassen (BRatDrs. 906/07) wie auch einen sonstigen kindspezifischen Bedarf in der Regelleistung SGB II bzw. im Regelsatz SGB XII berücksichtigt wissen (BRatDrs. 907/07).
Schließlich beschloß der Bundesrat auf seiner Sitzung am 23. Mai 2008 einen gemeinsamen Antrag der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen (BRatDrs. 329/08), in welchem die Bundesregierung aufgefordert wird, bis Ende 2008 einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem der kindspezifische Bedarf, insbesondere der Lernmittelbedarf in der Regelleistung SGB II bzw. dem Regelsatz SGB XII berücksichtigt wird und mit dem des Weiteren auch ins SGB II eine Öffnungsklausel für abweichende Bedarfe analog § 28 Abs. 1 SGB XII eingeführt wird.
Daß die Bundesregierung (Exekutive) und der Bundestag (Legislative) damit nur einen Bruchteil dessen, was selbst der Bundesrat (Ländervertretung) fordert, verwirklicht haben, ist offensichtlich.
Vorgeschichte II
Im Rahmen der Beratungen forderte der Bundesrat sogar die Bundesregierung auf, die Begrenzung der Leistungsgewährung bis zum Abschluß der 10. Klasse zu streichen, weil der Bundesrat den Förderausschluß für einen höheren Schulabschluß nicht für gerechtfertigt hielt sowohl im Hinblick auf die soziale Ausgrenzung von „Hartz IV“-Kindern als auch im Hinblick auf die allgemeine politische Zielsetzung, den Anteil von Personen mit höherem Bildungsabschluß zu erhöhen (BTDrs. 16/10809).
Wie nun offenkundig, wurde diese Kritik des Bundesrates am Gesetzentwurf nicht berücksichtigt.
Fakt I
Die gleichzeitig mit dem Artikelgesetz „Gesetz zur Förderung von Familien …“ beschlossene Kindergelderhöhung nützt den „Hartz IV“-Familien nichts, weil diese entweder über die Kinder oder die Eltern (siehe § 11 Abs. 1 SGB II) voll auf die „Hartz IV“-Leistungen angerechnet wird und somit eben nicht zur Deckung des Schulbedarfs zur Verfügung steht. (Lediglich für laufende Bewilligungszeiträume bis Ende Mai 2009 soll der Erhöhungsbetrag vom Kindergeld nicht als Einkommen berücksichtigt werden – aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungskostenersparnis.)
Fakt II
Laut Begründung der Bundesregierung soll mit dem neuen § 24a SGB II (§ 28a SGB XII) der „Erwerb von Gegenständen zur persönlichen Ausstattung für die Schule (z.B. Schulranzen, Schulrucksack, Turnzeug, Turnbeutel, Blockflöte) und für Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien (z.B. Füller einschließlich Tintenpatronen, Kugelschreiber, Bleistifte, Malstifte, Malkästen, Hefte, Blöcke, Papier, Lineale, Buchhüllen, Zirkel, Taschenrechner, Geodreieck)“ [BTDrs. 16/10809]ermöglicht werden.
Fakt ist, daß der Autor dieser Zeilen für Kind 1 in der 8. Klasse für einen Taschenrechner 91,50 Euro (Preis 2006) und für Kind 2 in der 9. Klasse für einen Taschenrechner 95,90 Euro (Preis 2008) bezahlen mußte. Damit wären allein für einen Taschenrechner die 100 Euro pro Schuljahr und Schulkind aufgebraucht gewesen. Und, an der Schule meiner Kinder gab es jeweils vom Lehrpersonal organisierte Sammelbestellungen, so daß es sich hierbei um rabattierte Preise handelt. Wie mir aus einschlägigen Foren bekannt ist, gibt es Schulen, die die Beschaffung ohne Rabatte individualisieren, mit der Folge höherer Preise.
Im Schuljahr 2005/2006 habe ich monatlich für Kind 1 (Klasse 7) 10,54 Euro und für Kind 2 (Klasse 6) 9,38 Euro ausgegeben, im Schuljahr 2006/2007 für Kind 1 (Klasse 8) 37,71 Euro und für Kind 2 (Klasse 7) 21,43 Euro. Das ergibt eine Spanne von 110 Euro bis 450 Euro pro Kind und Schuljahr.
Die Kosten für die Einschulung von Kind 3 (2007) betrugen 335,58 Euro.
Dabei ist einsichtig, daß bei der Einschulung, beim Wechsel von der Grundschule zur weiterführenden Schule (in der Regel Klasse 5) und beim Wechsel in die Oberstufe (Klasse 11) die Ausgaben für Schulbedarf exorbitant höher liegen als in „normalen“ Schuljahren. Allein die Kosten der Einschulung betragen mehr als das Dreifache der Schulbeihilfe nach § 24a SGB II, wobei noch nicht einmal die laufenden Schulkosten während des ersten Schuljahres enthalten sind.
Sagen wir also: über den Daumen gepeilt deckt die Schulbeihilfe § 24a SGB II (§ 28a SGB XII) gerade mal ein Drittel der tatsächlichen Kosten des Schulbesuchs pro Schulkind und Schuljahr.
Und nun aufgemerkt! Laut einer Information der Französischen Botschaft in Deutschland bekommen als „Beihilfe zu Schuljahresbeginn (allocation de rentrée scolaire)“ dort „Familien mit geringem Haushaltseinkommen“ für „Schüler zwischen 6 und 18 Jahren“„268,01 [Euro] pro Kind“ [http://www.botschaft-frankreich.de/spip.php?article1839]. Dies entspricht auch in Deutschland den tatsächlichen jährlichen Kosten des Schulbesuchs.
Ausschlußtrick I
Zwischen § 24a SGB II und § 28a SGB XII gibt es einen kleinen, aber feinen Unterschied.
Zum Zeitpunkt, ab wann die Schulbeihilfe gelten soll, heißt es in § 24a SGB II:
„wenn mindestens ein im Haushalt lebender Elternteil am 1. August des jeweiligen Jahres Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch hat“.
Zum selben Sachverhalt heißt es aber in § 28a SGB XII:
„jeweils zu Beginn eines Schuljahres“.
In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu zu § 24a SGB II:
„Anknüpfungspunkt für den Anspruch ist der jährliche Schuljahresbeginn. Deshalb muss Hilfebedürftigkeit zu diesem Zeitpunkt vorliegen.“ [BTDrs. 16/10809]
Zu § 28a SGB XII heißt es in derselben Begründung:
„Der Zeitpunkt für die Auszahlung der Leistung trägt dem Umstand Rechnung, dass insbesondere zu Beginn jedes Schuljahres ein wesentlicher Anteil der gesamten Schulkosten anfällt. Ein konkreter Termin ist nicht vorgegeben, um den Trägern der Sozialhilfe die Möglichkeit zu geben, die Leistung in Abhängigkeit vom jeweiligen Schuljahresbeginn des Landes rechtzeitig zu gewähren.“
Zunächst einmal muß es sich, obwohl das selbe Wort „Schuljahresbeginn“ verwendet wird, um zwei verschiedene Begriffe handeln, nämlich im Falle des SGB II um den juristischen Begriff und im Falle des SGB XII um den tatsächlichen Schuljahresbeginn, also dem ersten Schultag nach den Somemrferien.
Die „Langfristige Sommerferienregelung 2011 bis 2017 (gemäß Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.05.2008)“ [http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C47541403_L20.pdf] weist den frühesten Schuljahresbeginn für den 1. August, den spätestens für den 16. September aus, wobei die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg grundsätzlich den tatsächlichen Schuljahresbeginn nach den Sommerferien im September eines Jahres haben.
Eine Internet-Recherche des Autors bei den einzelnen Länderkultusministerien ergab, daß alle 16 Bundesländer den 1. August eines Jahres als juristischen Schuljahresbeginn festgelegt haben (§ 26 Abs. 1 Schulgesetz für Baden-Württemberg – Art. 5 Abs. 1 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen – § 53 Abs. 1 Schulgesetz für das Land Berlin – § 43 Abs. 1 Gesetz über die Schulen im Land Brandenburg – § 63 Bremisches Schulgesetz – § 36 Abs. 1 Hamburgisches Schulgesetz – § 57 Hessisches Schulgesetz – § 57 Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern – § 28 Abs. 1 Niedersächsisches Schulgesetz – § 7 Abs. 1 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen – § 8 Abs. 1 Landesgesetz über die Schulen in Rheinland-Pfalz – § 12 Gesetz über die Schulpflicht im Saarland – § 33 Abs. 1 Schulgesetz für den Freistatt Sachsen – § 23 Abs. 1 Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt – § 14 Abs. 1 Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz – § 45 Abs. 2 Thüringer Schulgesetz).
Somit fällt der juristische Schuljahresbeginn auf den 1. August eines Jahres, während der tatsächliche Schuljahresbeginn irgendwann im August bzw. September eines Jahres ist.
Was bedeutet das in der Praxis für SGB II- und SGB XII-Bedürftige?
Zunächst einmal erhalten SGB XII-Bedürftige die Schulbeihilfe gemäß § 28a SGB XII grundsätzlich zum tatsächlichen Schuljahresbeginn, also irgendwann im August bzw. September eines Jahres (s.o.), also wenn die Bedürftigkeit im Hinblick auf eine Schulbeihilfe auch tatsächlich anfällt. Dies entspricht dem Rechtsgedanken der Sozialhilfe.
Wie an der Wortdefinition „Schuljahresbeginn“ bereits oben festgestellt, gilt für SGB II-Bedürftige der juristische Terminus, das heißt in Konsequenz, auch wenn der Tag des tatsächlichen Schuljahresbeginns auf einen Tag nach dem 1. August fällt, wer nicht am 1. August eines Jahres einen nach SGB II bedürftigen Elternteil hat, erhält nicht die Schulbeihilfe nach § 24a SGB II. Und das, obwohl auch das SGB II trotz des Pauschalierungscharakters – siehe fehlende Öffnungsklausel bei der Regelleistung (§ 20) und Antragserfordernis (§ 37) im Gegensatz zum SGB XII – ebenfalls eine Sozialhilfe ist, wie der gegenseitige Ausschluß (§ 21 SGB XII, § 5 Abs. 2 SGB II) belegt.
Würde also die Schule nach den Sommerferien zum Beispiel am 15. August beginnen und wäre der entsprechende Elternteil zum Beispiel am 5. August hilfebedürftig (Tag der Antragstellung), gäbe es wegen der fehlenden Vorgabe Hilfebedürftigkeit am 1. August keine Schulbeihilfe gemäß § 24a SGB II.
Hier ist wieder ein Beispiel, wie um Kosten zu sparen – es dürfte kaum Schulkinder unter SGB XII geben, umso mehr als Sozialgeldbezieher unter SGB II –, SGB II-Bedürftige schlechter gestellt werden als SGB XII-Bedürftige.
Ausschlußtrick II
Ein Problem, was aber alle, egal ob Bedürftige nach SGB II oder SGB XII, betrifft, ist, daß in jedem Fall nur zum Schuljahresbeginn, egal, ob der juristische oder der tatsächliche, die Schulbeihilfe gezahlt werden soll. Damit gibt es nicht einmal eine auch nur monatlich anteilige Schulbeihilfe.
Das aber impliziert einen Ausschluß all derjenigen bedürftigen Schulkinder, deren Bedürftigkeit bzw. die eines Elternteils erst in den Verlauf eines Schuljahres fällt. Dies wie auch die Höhe der Schulbeihilfe machen deutlich, daß es von vorneherein gar nicht um eine bedarfdeckende Hilfe ging.
Fazit I
Sowohl die Benachteiligung von SGB II-Bedürftigen gegenüber SGB XII-Bedürftigen als auch die Benachteiligung von Bedürftigen zu Beginn des Schuljahres gegenüber Bedürftigen, die erst im Laufe des Schuljahres bedürftig werden, stellt bei gleicher Sachlage, nämlich Bedürftigkeit und Schulbesuch, eine vom Grundgesetz nicht mehr gedeckte willkürliche Ungleichbehandlung gleicher Personengruppen dar.
Das Gleiche gilt für die Beschränkung auf den Abschluß der 10. Klasse. Sicher, viele Schulgesetze der Bundesländer schreiben als Pflichtschulzeit nur 9 Schuljahre fest. Im Niedersächsischen Schulgesetz heißt es aber: „Die Schulpflicht endet grundsätzlich zwölf Jahre nach ihrem Beginn“ (§ 65 Abs. 1 NSchG). Und: „Im Anschluß an den Schulbesuch nach § 66 ist die Schulpflicht im Sekundarbereich II durch den Besuch einer allgemeinbildenden oder einer berufsbildenden Schule zu erfüllen“ (§ 67 Abs. 1 NSchG).
Allein hieraus ergibt sich schon ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG. Eine Begrenzung auf die ersten 10 Schuljahre ist nicht einsichtig begründbar und verletzt damit das Willkürverbot.
Daß „Hartz IV“-Kinder kein Abitur machen sollen, paßt zwar in die sozialrassistische Ideologie derjenigen Regierungsparteien, die ständig von den Leistungsträgern dieser Gesellschaft faseln, womit diejenigen gemeint sind, die am internationalen Roulettetisch jüngst mehrere hundert Milliarden Euro in den Sand gesetzt haben, aber es gibt noch (!) einen Rechtsstaat.
Fazit II
Wegen der im Wortlaut eindeutigen Vorgaben kann die Rechtsprechung beim § 24a SGB II auch keine verfassungskonforme Umdeutung wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 GG hin zu einer monatlich anteiligen Schulbeihilfe vornehmen. Hier hilt nur das Durchklagen bis zum Bundesverfassungsgericht.