Herbert Masslau

УKPAӤHA = УKPAЇHA = UKRAЇNE [*]

(25. Juni 2022)


 

I. Was ist ein Staat?

Daß die Geschichte der Ukraїne nicht mit den vor 2400 Jahren dort eingewanderten und dann 700 Jahre dort lebenden Skythen beginnt, ist selbstredend. Aber auch die Kiewer Rus, welche grob ein Gebiet von Nowgorod im Norden bis Kiew im Süden umfaßte, ist noch kein sinnvoller Anfangspunkt.

Erst mit den mongolischen Eroberungszügen gen Westen beginnt die Geschichte der Ukraїne. Die Goldene Horde eroberte den russischen Besiedlungsraum im 13. Jahrhundert. Die langfristige Folge davon war eine Aufsplittung der russischen Bevölkerung in drei Rus: Großrussland, Belarus und Kleinrussland (Ukraїne). Wenn also in 2022 Russlands Präsident Putin im Zusammenhang mit der Ukraїne von Kleinrussland spricht, dann ist dies nicht eine Abwertung der Ukraїne, wie vor allem die deutsche Journaille einseitig behauptet, sondern entspricht der von Putin genutzten Historienvergleiche, die in diesem Fall den Zweck haben, die Ukraїne als russisch erscheinen zu lassen, um die Besetzung zu rechtfertigen im Sinne Iwans I. (14. Jhdt.): die „Sammlung der russischen Erde“. Wer hier nicht die russische Historie berücksichtigt, versteht nichts, sondern betreibt westliche Propaganda und Ideologienbildung.

Um aber dennoch nicht im historischen Detail-Streit unterzugehen und unverständlich zu werden, wird nachfolgend historisch vergröbert, aber nicht verfälscht.

Eine Rus bezeichnete zunächst das Gebiet, in dem die entsprechende Bevölkerung sich niedergelassen hatte; später bezeichnete die Rus auch eine Verwaltungseinheit.

Folge des Eroberungszuges der mongolischen Goldenen Horde (13.-15. Jhdt.) war nach deren Besiegung durch die Tataren, die als Tribut-Eintreiber der Goldenen Horde fungierten, die genannte Dreiteilung der russischen Bevölkerung mit abweichender Sprachbildung. Um ein Bild davon zu vermitteln, wie gleich und doch unterschiedlich die russischen Sprachen sind, ist in der Überschrift neben der russischen Schreibweise die ukraїnische gesetzt.

Was ist ein Staat?

Die Ukraїne von heute und auch schon zu Zeiten der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg ist nicht identisch mit der historischen Ukraїne. Ganz grob kann der Fluß Dnjepr als Trennungslinie herhalten. Östlich (Fließrichtung) des Dnjepr gehörte die Ukraїne zum Königreich Polen-Litauen, westlich (Fließrichtung) des Dnjepr ist sie auch heute noch überwiegend russisch. Auf die nicht in die heutige Türkei geflohenen Krim-Tataren sei hier nur hingewiesen.

Die West-Ukraїne besteht seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus einem großen Teil ehemals polnischen Staatsgebietes. Polen mußte ein Gebiet vom litauischen Wilna über das belarussische Brest-Litowsk bis zum ukraїnischen Lwiw (Лъвов = Лъвів = Lemberg) abtreten und bekam dafür das ehemals deutsche ostpreußische Masuren, Hinterpommern und Schlesien als Ausgleich. Das wirkt insofern bis heute, als daß von den – in den ersten Kriegswochen – etwa 4,5 Mio. ukraїnischen Flüchtlingen außer Landes etwa 3 Mio. nach Polen flohen.

Was also ist ein Staat?

Erst mit dem Ende des feudalistischen Mittelalters um 1500 – Stichworte: Christoph Kolumbus, Johann Gutenberg, Martin Luther – und dem Beginn der Neuzeit, dem feudalen Absolutismus, entstehen langsam Nationalstaaten: Spanien und Portugal, Frankreich und England, Schweden, Norwegen, Dänemark. Manche feudalen Gebilde enden erst mit dem Ersten Weltkrieg: Osmanisches Reich (1915) aus dem 1921 die Türkei wird, Habsburg und die k.u.k.-Monarchie (1918), woraus Österreich, Ungarn, die Tscheslowakei und Yugoslawien werden – beispielhaft. Aber noch sind die Grenzen nicht fest. Das heutige Hamburg-Altona gehörte zu Zeiten Heinrich Heines im 19. Jahrhundert zu Dänemark. Der afrikanische Kontinent, der Nationalstaaten im heutigen Sinne nicht kannte, sondern nur Stammesgebiete, wurde erst 1885 auf der Berliner Kongo-Konferenz unter den Kolonialstaaten Portugal und Spanien, England und Frankreich, Italien und Deutschland und Belgien aufgeteilt. Veranlassung boten dabei die Politik des belgischen Königs, der das Kongo-Becken als Privateigentum betrachtete, Deutschland, das in den Kreis der Kolonialmächte aufrücken wollte, sowie die italienischen Ansprüche. Dabei war Italien 1865 erst selbst durch die Garibaldi-Revolution entstanden und das Deutsche Reich erst 1871. Die heute bekannten afrikanischen Grenzen wurden ohne Rücksicht auf ethnische Gegebenheiten gezogen.

Was also ist ein Staat?

Und in Europa? Erst mit dem Ende des sogenannten Ostblocks bildeten sich neue Staaten in den 1990er Jahren. Einzig die Trennung der Tschecheslowakei in das heutige Tschechien und Slowakien verlief friedlich. Yugoslawien wurde letztendlich kriegerisch auseinander gerissen, wobei 1999 mit dem Kosovo-Krieg die USA und die NATO es schafften, das auf russischer Seite stehende Serbien vom Zugang zum Mittelmeer abzuschneiden. Letztlich wurde Yugoslawien in die Staaten Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina [**], Kosovo (nur vom Westen anerkannt), Montenegro und Mazedonien (heute Nord-Mazedonien), aufgeteilt, also in sieben Einzelstaaten. Das ist gerademal 20-30 Jahre her.

Was also ist ein Staat?

 

II. Die Krim

Die russische Annexion [***] der Halbinsel Krim 2014 nach dem Euromaidan 2013/2014 und der Flucht/Vertreibung des russland-freundlichen ukraїnischen Präsidenten Janukowitsch läßt die Frage aufkommen: Wem gehört die Krim? Die Historie beantwortet diese Frage relativ einfach: Immer dem letzten Sieger.

Und bevor jetzt großes westliches Geschrei aufkommt: Der Westen hat spätestens mit der auch militärischen Zerschlagung des Staates Yugoslawien in den 1990er Jahren jegliches Recht auf politische Moralisierung verloren.

Zum historischen Wechselbad bezogen auf die Krim:

Auch an dieser Stelle soll nicht mit den Skythen oder noch früher angefangen werden, sondern mit der mongolischen Goldenen Horde um 1400. Ebenso soll auch an dieser Stelle statt historischer Einzelheiten eine grobe Darstellung genügen, um den roten Faden nicht aus dem Blick zu verlieren.

Um 1400 gehörte ein Teil der Krim und die Meerenge des Asowschen Meeres zum italienischen Stadtstaat Genua. Bevor die Goldene Horde 1502 durch ihre Tributeintreiber, die Tataren, besiegt war, gehörte die Krim 1475 den Krim-Tataren. Mit osmanischen Unterbrechungen dauerte dies etwa bis 1783. 1783 wurde die Krim russisch, aber erst 1792 im Vertrag von Jassy vom Osmanischen Reich anerkannt. Vorher und nachher kam es zu Kriegen von Habsburg und Russland gegen das Osmanische Reich. 1806-1812 kam es zum russisch-osmanischen Krieg und die Krim (wie die Ukraїne) waren bis 1815 russisch. 1853-1856 kam es wieder zu einem Krim-Krieg, diesmal mit französischer Beteiligung auf osmanischer Seite. 1921 wurde die Krim sowjetisch. 1954 wurde die Krim der ukraїnischen Sowjetrepublik quasi „geschenkt“, also kein staatlich-gesetzlicher Übergang; die Sache ist bis heute aus staatsrechtlicher Sicht nicht eindeutig.

Allerdings hat der Westen und die ihn hofierende (deutsche) Journaille im derzeitigen Stellvertreter-Krieg USA/EU gegen Russland/China kein Interesse an der Aufklärung in dieser Frage, sondern es geht darum stimmungstechnisch die westliche Bevölkerung gegen Russland einzunehmen.

 

III. Asiatischer Despotismus

Der Aspekt des Asiatischen Despotismus soll an dieser Stelle nur gestreift werden. Gleichwohl ist es zum Verständnis Russlands wichtig, hierauf kurz einzugehen.

Russland besteht ja aus einem europäischen Teil westlich der Kontinentalgrenze Ural-Gebirge und einem asiatischen östlichen Teil (Sibirien). Trotz eines gewissen Versuchs der Öffnung unter Zar Peter I. (1672-1725), der durch seine Holland-Erfahrungen gewisse „Vorzüge“ des Kapitalismus „beschnuppern“ konnte, ist insgesamt der zaristische Despotismus als Produkt des asiatischen Despotismus – heute noch in China, Nord-Korea, aber auch Japan und Süd-Korea gut zu beobachten – in Russland bis heute wirksam, weil es die Revolution von 1917 nicht geschafft hat, westliche Freiheitswerte zu etablieren, während auf der anderen Seite die historischen Folgen der Eroberung durch die mongolische Goldene Horde, das tatarische Tribut-System und des zaristischen Steuer-Systems in den Köpfen der Menschen blieben. An die Stelle des asiatischen Despotismus mit seinem mongolisch-tatarischen Tribut-System trat erst der zaristische Despotismus mit seinem zentralistischen blutsaugerischen Steuersystem, trat dann der „demokratische Zentralismus“ Leninscher Prägung, verschlimmert durch den Stalinismus. Das heute existierende Oligarchen-System mit seiner geldlichen Blutsaugerei und der staatliche Zentralismus haben in der russischen Geschichte, und das heißt auch im asiatischen Despotismus, ihre Wurzeln. Es ist nicht das „System Putin“, wie die westliche, vor allem deutsche Journaille unisono posaunt. Und, das Pendant für die heutigen russischen Oligarchen sind die us-amerikanischen Oligopole-CEOs.

Wer sich näher für diesen Aspekt der russischen Geschichte interessiert, sei auf das Buch Rudi Dutschke, Versuch, Lenin auf die Füße zu stellen verwiesen.

 

IV. Truman Doktrin und Containment-Policy

Im März 1947 trat US-Präsident Truman mit der Forderung nach wirtschaftlicher Hilfe zur Verhinderung des sowjetischen Einflusses an die Öffentlichkeit. Die Truman-Doktrin wurde dann konkretisiert durch den Marshall-Plan (European Recovery Program, ERP), später die Gründung der NATO im April 1949. Schon die Atombomben-Abwürfe auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki im August 1945 sollten Russland/die Sowjetunion davon abhalten, vereinbarungsgemäß nach dem Sieg über Nazi-Deutschland im Mai 1945 nun auch Japan anzugreifen, da Japan zur US-Einflußsphäre gehören sollte.

Damit war schon nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges geplant, einen engen Ländergürtel um das heutige Russland zu ziehen. Geographisch umfaßte dieser Gürtel von Nord nach Süd in Europa Länder wie Norwegen, Deutschland (1955), Italien, Griechenland (1952), Türkei (1952). Als Folge davon wurde dann von der Sowjetunion und ihren osteuropäischen Satellitenstaaten 1955 der Warschauer Pakt, das Gegenstück zur NATO, gegründet.

1950-1953 Korea-Krieg durch die USA, der bis heute zur Spaltung des Landes in Nord- und Süd-Korea führte. 1960-1973 Vietnam-Krieg durch die USA, der am Ende aber zum Sieg des Viet-Cong und aufgrund des finanziellen Desasters zur Aufkündigung des Bretton Woods-Abkommens von 1944 führte, mit der Folge, daß der Dollar nicht mehr an den Goldpreis gebunden war, da die Goldreserven der USA in Fort Knox wegen der Kriegskosten geschwunden waren. Die anderen Währungen der Welt waren dadurch frei am floaten, was aber für die USA aufgrund der Dollar-Bindung des weltweit gehandelten Rohöls von Vorteil war. Nur zur Vermeidung von Einseitigkeit sei noch die Cuba-Krise von 1962 erwähnt, wo aufgrund des russischen Rückzugs der atomaren Raketensysteme vor der Küste der USA der Dritte Weltkrieg verhindert wurde. Zwar führte dann die militärische Aufrüstung nach dem Motto ‚Wer zuerst schießt, stirbt als zweiter’ zur Verhinderung eines Dritten Weltkrieges, der alles zerstört hätte, auf längere Sicht, dafür wurden aber weltweit Stellvertreter-Kriege von den USA auf der einen Seite und Sowjet-Russland auf der anderen Seite geführt und zwar rund um den Globus. In Anlehnung an die Monroe-Doktrin (1823), die Lateinamerika als Hinterhof der USA betrachtete und sich gegen jedwede Einmischung europäischer Kolonialstaaten verwahrte, wurden von der US-Demokratie Militär-Diktaturen eingerichtet: Brasilien (1954) bis Chile (1973) und Argentinien (1976). Das aus us-amerikanischer Sicht Desaster von Cuba 1959 sollte sich nicht wiederholen.

Die Einkesselung Russlands/Sowjetunion, welches seit 1953 wie die USA die Wasserstoff-Bombe (Plutonium) besaß und mit dem Sputnik-Satelliten 1957 auch über Interkontinentalraketen verfügte, blieb us-amerikanisches Ziel bis heute.

Es würde diesen Artikel sprengen, weiter in die Details zu gehen. Nur noch ein Detail: Griechenland war 1974 wegen der Zypern-Krise (Besetzung des Nordteils der Insel durch die Türkei) aus der NATO ausgetreten. Der Konflikt mit dem NATO-Staat Türkei, welcher für die USA an der Südflanke Russlands/Sowjetunion und als Kontrolleur der Meerenge Bosperus zwischen Mittelmeer (6. US-Flotte) und Schwarzem Meer (sowjetische Schwarzmeerflotte) militärstrategisch sehr wichtig war, verschärfte sich. Am Ende mußte auf Druck der USA die griechische Militärjunta abdanken; Griechenland trat 1980 wieder in die NATO ein.

Im Interesse des Westens entstanden die gegen Russland gerichteten sogenannten Farben- oder Blumen-Revolutionen, die Farben-Revolution 2000 gegen Serbien, die Rosa-Revolution gegen Georgien 2003, die Orange-Revolution 2004 gegen die seinerzeit Russland orientierte Ukraїne, die Tulpen-Revolution 2005 gegen Kirgisistan (Kirgisien) und weitere. Organisiert wurden diese „Revolutionen“, die mit der Entmachtung der pro-russischen Regierungschefs endeten, durch die internet-affine serbische Gruppe junger Leute, Otpor, welche Flashmobs über Social-Media-Kanäle organisierte.

Wer sich die Einkesselung Russlands (und Chinas) plastisch vorstellen will, mag einen Atlas oder Globus zur Hilfe nehmen: Im Norden über den kurzen Weg über den Nordpol Kanada und die USA (Alaska), im Westen, wenn Finnland der NATO beitritt, von Norwegen (1949) und Finnland im Norden über die baltischen Staaten (2004), Polen (1999), Rumänien (2004) und Bulgarien (2004) am Schwarzen Meer bis Griechenland (1952/1980) und die Türkei (1952) im Süden Europas, im Osten von Alaska (USA) über Japan und Süd-Korea. Im Süden von der Türkei bis zu den Philippinen ist die Lage nicht so eindeutig: So gehören China und Russland, Kasachstan und Kirgisistan (Kirgisien) u.a. zu einem gemeinsamen (militärischen) Beistandspakt (SCO), dessen volles Mitglied seit September 2021 auch der Iran ist; Indien hat sowohl Kontakte zu den USA, als auch zu Russland und ist mit Pakistan Mitglied des SCO-Beistandspaktes; der Versuch, die chinesischen Handelswege an der Meerenge bei Myanmar (Burma) zu stören, scheiterte mit der Niederlage der Buddhisten-Revolte 2007; andererseits gelten Thailand, Malaysia, Singapur, Indonesien und die Philippinen als (eher) pro-westlich eingestellt, mit Australien im Rücken (oder im Nacken?).

 

V. Ukraїne-Krieg 2022

Kritik gebührt zunächst der deutschen Journaille, die den Ukraїne-Krieg als den ersten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg so darstellt, als hätte es den Kosovo-Krieg 1999 und die in den 1990er Jahren vorhergehenden militärischen Auseinandersetzungen zur Aufspaltung Yugoslawiens nicht gegeben.

Den USA, der EU und der NATO ist es im Fall der Ukraїne gelungen, Russland geostrategisch zu einem pre-emptive strike zu zwingen und in einem Landkrieg militärisch zu binden.

Die Konstruktion des pre-emptive strike stammt übrigens von den USA der Ära George W. Bush und wurde 2002 öffentlich breitgetreten. Zuvor hatte US-Präsident Bush jun. den seit 1972 bestehenden ABM-Vertrag einseitig aufgekündigt.

Bei den heute existierenden Aufklärungs- und Waffensystemen sind Landkriege eigentlich anachronistisch, aber notwendig, soll ein fremdes Land ganz oder teilweise besetzt werden. Das Mittel der Wahl sind seit dem Kosovo-Krieg 1999 gegen Serbien, 2001 gegen Afghanistan, 2003 gegen den Irak Militärschläge mit Kampfbombern und Drohnen und von Kriegsschiffen abgeschossene Marschflugkörper (Cruise Missile).

Nicht erst mit Beginn der Kriegshandlungen am 24. Februar 2022, sondern schon Wochen und Monate im Vorfeld, war es mal wieder die selbsternannte „Friedenspartei“ DIE GRÜNEN, welche sich auf höchster Ebene in kriegstreiberischer Rhetorik verging. Dies erinnert an 1995 und folgende Jahre, als der Westen das ehemalige Yugoslawien militärisch angriff und zerschlug [****].

Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch des Ostblocks sowie der Auflösung des Warschauer Paktes hätte eigentlich auch die Auflösung des westlichen Militärbündnisses NATO angestanden. Aber nicht nur daß dieses nicht erfolgte, 1992 wurde die Rechtfertigung sogenannter Out-of-Area-Einsätze begründet, welche es der NATO, die nachwievor ein Verteidigungsbündnis ihrer Mitgliedsstaaten ist, seitdem erlaubt, Krieg gegen andere Länder zu führen, ohne daß diese einen NATO-Staat angegriffen hätten (1999 gegen Serbien).

Aktuell werfen gerade deutsche Politiker Russland einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg vor (Bundeskanzler Scholz: „eklatanter Bruch des Völkerrechts“ [1]). Ein eklatanter Bruch des Völkerrechts war nicht nur 2003 der Angriffskrieg der USA gegen den Irak, sondern schon 1999 der Einsatz der NATO, um das Kosovo aus Serbien herauszubrechen. Das, was Russland jetzt mit der Anerkennung der ukraїnischen Teilrepubliken Donezk und Luhansk vorhat, hatten die westlichen Staaten schon vorher mit dem Kosovo gemacht. Soviel zur Verlogenheit westlicher Politiker und zur einseitigen pro-westlichen Darstellung durch die Journaille.

1997 wurde zwischen der NATO und Russland eine Grundakte vereinbart (schriftlich ratifiziert), nach der die Osterweiterung der NATO (z.B. Polen und die baltischen Länder) eine Stationierung von Atomwaffen in diesen Ländern ausschloß. Eine Truppenstationierung anderer NATO-Länder in diesen Staaten Osteuropas war zwar möglich, aber unter der Bedingung ihrer zahlenmäßigen Begrenzung und der Rotation, damit keine feste Truppenstationierung stattfindet.

Gegen die ebenfalls in dieser Grundakte anerkannte Souveränität von Staaten verstieß Russland 2008 im Georgien-Krieg durch die Anerkennung und Abspaltung der Teilrepubliken Abchasien und Südossetien, ebenso 2014 durch die Annexion der Krim [***].

Die westlichen Staaten der NATO und der EU haben jahrelang versucht, die Ukraїne nicht nur in die EU zu holen, sondern auch als NATO-Mitgliedsstaat zu etablieren. Letzteres hätte im Sinne der oben genannten Containment-Policy, unter ebenfalls geplantem Einschluß Georgiens, geopolitisch bedeutet, daß der europäische Teil Russlands vom Nordmeer bis zum Kaspischen Meer eingeschlossen gewesen wäre.

Militärstragetisch betrachtet würde für Russland ein Fortbestehen der Ukraїne in seinen Grenzen vor dem 24. Februar 2022 und angesichts der britischen Flotte im Schwarzen Meer, welches früher mal der russischen Schwarzmeerflotte alleine „gehörte“, nicht nur ein Kontrollverlust über das Schwarze Meer bedeuten, sondern würde die russische Kriegsmarine im syrischen Tartus – vertragliche Überlassung für 49 Jahre mit Verlängerungsoption und Ausbauerlaubnis – von jedweder Versorgung, von Wechsel und Aufstockung im Krisenfall abschneiden.

Sicherlich hat sich die russische Führung verkalkuliert, als sie militärisch neben ihrem eigentlichen Ziel, der Anbindung des Donbas (Donezk und Luhansk) an Russland zur Sicherung der militärisch für die Schwarzmeer-Flotte wichtigen Krim, auch die Hauptstadt Kiew angriff, wohl in der Erwartung, der Schauspieler-Präsident werde fluchtartig das Land verlassen und somit Russland die Möglichkeit eröffnen, eine ihnen genehme Regierung zu installieren. Nachdem es dem ukraїnischen Präsidenten Selenskyj gelungen ist, mit Waffen- und Geheimdiensthilfe aus den USA und Großbritannien nicht nur das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte zu vernichten (Kronenzeitung: Moskwa mithilfe von US-Informationen versenkt), sondern überhaupt militärisch zu widerstehen, hat sich die russische Führung militärisch auf den Donbas konzentriert.

 

VI. Fazit

Der Kapitalismus ist am Ende. Oligopole und Oligarchen bestimmen die Welt im Westen wie im Osten.

Wie lange der Ukraїne-Krieg dauert, ist nicht absehbar und hängt in erster Linie von den quantitativen und qualitativen Lieferungen schwerer Waffensysteme durch NATO-Staaten ab.

Was aber in jedem Fall heute schon gilt, ist, daß nach dem gescheiterten Versuch, eine Achse Paris-Berlin-Moskau zu bilden, sich Russland und China näher verbunden haben. China hat das Geld, Russland das Atomwaffenpotential, um dem Atomwaffenpotential der USA und den Wirtschaftsmächten USA und EU Paroli bieten zu können.

Der Krieg in der Ukraїne ist ein Stellvertreter-Krieg, nur dieses Mal nach den NATO-Angriffen auf Ex-Yugoslawien Ende der 1990er Jahre mal wieder in Europa.

 

 

Anmerkungen:

[*] Zunächst einmal spricht sich das Land nicht U-krai-ne, sondern Ukra–i-ne aus. Die internationale Ausspracheregelung, wonach ein Doppelpunkt über einem Vokal bedeutet, daß dieser gesondert zu betonen ist, gilt auch im Land der Diphthonge, in Deutschland.

[**] Bosnien ist eine alte Landschaftsbezeichnung und Herzegowina bedeutet Herzogenland, also kein Staat. Die heute so bezeichneten Bosniaken sind auch keine Ethnie, sondern Bosnien-Herzegowina bestand/besteht aus drei Ethnien: den christlichen südslawischen Kroaten, den orthodoxen südslawischen Serben und muslimischen Südslawen, wie auch in anderen Gebieten des Balkan (teilweise) religiöse Überbleibsel der ehemals osmanischen Besetzung.

[***] Der Begriff der Annexion bleibt zumindest aus einer punktuell historischen Betrachtung richtig, solange nicht aus staatsrechtlicher Sicht geklärt ist, ob die Krim tatsächlich 1954/1991 ukraїnisch geworden ist oder eigentlich nachwievor russisch geblieben ist.

[****] Gemeint ist vor allem das GRÜNEN-Gefasel vom Militäreinsatz zur Vermeidung einer „humanitären Katastrophe“. Dies erinnert zum Einen an Luthers Schrift Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können von 1526 [in Hochdeutsch von H.M.]: „Deshalb ist ein solcher Krieg nichts anderes als ein kleiner kurzer Unfrieden, der einen ewigen unermeßlichen Unfrieden abwehrt. Ein kleines Unglück, das ein großes Unglück abwehrt.“ [2] Zum Anderen haben diese „gerechten“ Kriege gezeigt, daß sie noch mehr Tod und Elend unter die Zivilbevölkerung bringen als die „humanitäre Katastrophe“.

 

Quellen:

[1] https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/politik/ukraine-krieg-angriff-putin-russland-ticker-nato-sanktionen-100.html

[2] CLEMEN, Otto (Hrsg.), Luthers Werke in Auswahl Dritter Band, Verlag Walther de Gruyter, Berlin 1966, S. 320

 

Literatur:

AFRIKA, Von der Vorgeschichte bis zu den Staaten der Gegenwart, Fischer Taschebuch Verlag, Frankfurt a. M. 1966, 66.-70. Tsd. 1983

CLEMEN, Otto (Hrsg.), Luthers Werke in Auswahl Dritter Band, Verlag Walther de Gruyter, Berlin 1966, S. 317-351

DER GROSSE PLÖTZ, Verlag Herder, Freiburg i. Br. 1998, 32. Aufl.

DUTSCHKE, Rudi, Versuch, Lenin auf die Füße zu stellen, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1974, 15.-26. Tsd.

FRANKFURTER RUNDSCHAU vom 28. September 2002, Dokumentation „Wir dürfen unsere Feinde nicht zuerst zuschlagen lassen“

FRANKFURTER RUNDSCHAU vom 24. September 1999, Dokumentation „Wenn schon das Vetorecht nicht abzuschaffen ist ...“ (Rede von Bundesaußenminister Joschka Fischer vor der UN-Vollversammlung)

HOROWITZ, David, Kalter Krieg, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1969, 12.-15. Tsd. 1976

HUSTER, KRAIKER, SCHERER, SCHLOTMANN, WELTEKE, Determinanten der westdeutschen Restauration 1945-1949, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 1972, 4. Aufl. 1976

LEISERING (Hrsg.), Historischer Weltatlas, Cornelsen Verlag, Berlin 1997, Lizenzausgabe Marix Verlag, Wiesbaden 2009, 102. Aufl.

VOELKER STAATEN UND KULTUREN, Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1957, 1965

https://www.arte.tv/de/videos/104351-003-A/diener-des-volkes-1-23/

http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=15767

http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=15767

https://www.krone.at/2700475

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/politik/ukraine-krieg-angriff-putin-russland-ticker-nato-sanktionen-100.html

http://jang.com.pk/thenews/jun2005-daily/02-06-2005/world/w3.htm

https://de.sputniknews.com/politik/20170120314206825-russland-tartus-basis-ausbau/ – Meldung vom 20. Januar 2017

https://de.sputniknews.com/politik/20170120314206825-russland-tartus-basis-ausbau/ – Meldung vom 20. Januar 2017

https://www.tagesschau.de/faktenfinder/ukraine-biden-korruption-101.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Rus

https://de.wikipedia.org/wiki/Krim

https://de.wikipedia.org/wiki/NATO

https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Russland-Grundakte

https://de.wikipedia.org/wiki/Shanghaier_Organisation_f%C3%BCr_Zusammenarbeit

https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Uk-%D0%9B%D1%8C%D0%B2%D1%96%D0%B2_(2).oga

 

 

 

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