Fortwirken von Sperrzeiten bei Arbeitslosengeld II
(überarb. Fassung 3. Januar 2005)
Aufgrund der seit der Veröffentlichung dieses Artikels am 13. August 2004 mittlerweile ergangenen Durchführungsanordnungen zum SGB II - die allerdings nicht von der BA, sondern auf www.tacheles-sozialhilfe.de veröffentlicht wurden - ist klar, daß das gesetzlich bestimmte Fortwirken der Sperrzeiten und Säumniszeiten nach SGB III und der Sanktionen nach § 25 BSHG über den Jahreswechsel 2004/2005 hinaus nicht nur das Fortwirken dem Grunde nach und unter (Maßgabe der) Anwendung der Leistungskürzungen nach § 31 SGB II meinte, sondern auch das Fortwirken in der zeitlichen Dauer, wie sie vor dem 1. Januar 2005 galt. Insofern mußten zwei Absätze geändert werden.
In dieser kurzen Betrachtung geht es nicht darum, die Bestrafungsstufen aufzuzeigen, die Bezieherinnen und Beziehern von Leistungen nach dem SGB II widerfahren, wenn sie sich nicht konform verhalten (§ 31 SGB II).
Hier soll es vielmehr um diejenigen gehen, die das Jahr 2004 als Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe oder als Sozialhilfe beziehende Person mit einer Restlaufzeit an Sperrzeit (§ 144 SGB III) oder Säumniszeit (§ 145 SGB III) oder Sanktionen gemäß § 25 BSHG beenden, sowie um diejenigen, die nach dem 1. Januar 2005 noch Arbeitslosengeld (Arbeitslosengeld I) beziehen und beim Übergang zum Arbeitslosengeld II ebenfalls noch eine Restlaufzeit an Sperrzeit haben bzw. deren Anspruch aufgrund zum Beispiel der Summierung von Sperrzeiten erloschen ist.
Während Letzteres bereits im SGB II selber in § 31 Abs. 4 Nr. 3 geregelt wurde, ward Ersteres offensichtlich in der Eile, mit der Hartz IV gestrickt wurde, vergessen worden und wurde nun im Rahmen des Kommunalen Optionsgesetzes nachgeholt.
Das SGB II bestimmt in § 31 Abs. 4 Nr. 3 a und b, daß die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Sanktionen (Absenkung um 30 bzw. 10 Prozent etc.) entsprechend gelten bei „erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“, bei denen a) der Anspruch auf Arbeitslosengeld [meint Arbeitslosengeld I – H.M.] ruht oder erloschen ist in Folge des Eintretens einer Sperrzeit, oder bei denen b) die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit oder das Erlöschen gemäß SGB III erfüllt sind.
Damit waren vom Gesetz ab 1. Januar 2005 sanktionsmäßig aber nur diejenigen erfaßt, die sich nach dem 1. Januar 2005 Sperrzeiten gemäß SGB III bei Arbeitslosengeld I einhandelten.
Wäre diese Regelung so geblieben, hätte denen, die zum Beispiel Anfang Dezember 2004 eine zwölfwöchige Sperrzeit bekommen hätten, bei Auslaufen ihres Arbeitslosengeldes am 31.Dezember 2004 am 1. Januar 2005 das volle Arbeitslosengeld II zugestanden. Jemand der ebenfalls Anfang Dezember 2004 eine zwölfwöchige Sperrzeit bekommen hätte, dessen Arbeitslosengeld (SGB III) aber erst am 31. Januar 2005 ausgelaufen wäre, wäre nach dieser Regelung im Februar 2005 beim Bezug des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 SGB II bestraft worden.
Diese „Gerechtigkeitslücke“ – juristisch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 Grundgesetz – wurde ein halbes Jahr nach dem SGB II zu Gunsten der Bestrafungsgleichheit gelöst.
Im Rahmen des „Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz)“ vom 30 Juli 2004 [BGBl. I, Nr. 41, vom 5. August 2004, Seite 2014 ff.] wurde unter Artikel 1 Nr. 30 hinsichtlich der Übergangsvorschriften (§ 65 SGB II) der § 65 e SGB II eingeführt, der in Absatz 2 Folgendes bestimmt:
„Entscheidungen der Agentur für Arbeit über den Eintritt einer Sperrzeit oder einer Säumniszeit beim Arbeitslosengeld und bei der Arbeitslosenhilfe und Entscheidungen des Trägers der Sozialhilfe über eine Minderung der Hilfe zum Lebensunterhalt wirken bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit der Maßgabe fort, dass für die Höhe der Absenkung § 31 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden ist.“
Damit ist jetzt in allen eingangs beschriebenen Fällen die Bestrafung gemäß § 31 SGB II gleich – für die Zeit nach dem 1. Januar 2005 als auch im Übergangszeitpunkt 31. Dezember 2004/1. Januar 2005.
Allerdings darf die übertragene Fortwirkung der Sperrzeit insgesamt drei Monate nicht übersteigen, denn § 31 Abs. 6 SGB II bestimmt zwar, „Absenkung und Wegfall dauern drei Monate“, da aber § 65 e Abs. 2 SGB II von „fortwirken“ spricht, heißt dies, daß die bereits abgelaufene Strafzeit (Sperrzeit, Säumniszeit, Sanktion gemäß § 25 BSHG) angerechnet werden muß.
Im Falle von Arbeitslosengeld- und Arbeitslosenhilfebezug vor dem 1. Januar 2005 überträgt sich die Dauer der Sperrzeit Sperrzeit des § 144 SGB III von maximal 12 Wochen (bei 30 Prozent Kürzung) und die Dauer der Säumniszeit des § 145 SGB III von 2 bis 4 Wochen (bei 10 Prozent Kürzung) und die Sanktionen nach § 25 BSHG (bei 30 Prozent Kürzung) auf das Arbeitslosengeld II.
Das heißt, Sperrzeit, Säumniszeit und Sanktion nach BSHG bleiben über den Jahreswechsel 2004/2005 hinaus a) dem Grunde nach erhalten, b) der Zeitdauer nach erhalten und ändern sich c) nur in der Höhe der Leistungskürzung.
Zumindest kann der Bundesregierung nicht eine Ungleichbehandlung beim Bestrafen (Leistungskürzung) vorgeworfen werden.
Sowas muß man in Zeiten zunehmender Bejahung von Folter und Suspendierung bürgerlicher Freiheiten ja schon positiv vermerken.
Bleibt abschließend anzumerken, daß der schon durch die §§ 5 Abs. 2 SGB II (Arbeitslosengeld II) und 21 SGB XII (Sozialhilfe) grundsätzlich formulierte gegenseitige Ausschluß der Leistungen in diesem Zusammenhang noch einmal durch § 31 Abs. 6 SGB II bestärkt wird:
„Während der Absenkung oder des Wegfalls der Leistung besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches.“