Herbert Masslau

EEG-Umlage und „Hartz IV“

(21. Oktober 2012)

 

 

Der nachfolgende Artikel soll sich, gefaßt in Kürze, mit den Folgen der Umlage aufgrund des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG-Umlage) im Hinblick auf die Regelleistung SGB II (und SGB XII) auseinandersetzen. Der neue Begriff „Regelbedarf“ wird nicht verwendet, weil er suggeriert und suggerieren soll, daß die Regelleistung dem Bedarf für das sozio-kulturelle Existenzminimum entspricht, während der alte Sozialhilfebegriff „Regelsatz“ den Satz in Geld, welcher als Pauschale gezahlt wird, und der Begriff „Regelleistung“ die finanzielle Leistung, die für das sozio-kulturelle Existenzminimum gewährt wird, ausdrücken, mithin sachlich korrekter sind.

Dieser Artikel soll keine ins Detail gehende Problemanalyse darstellen, wie es sich für eine Verfassungsbeschwerde geziemen würde, sondern lediglich kurz und prägnant verdeutlichen, wie sich die EEG-Umlage dennoch auf die Regelleistung auswirkt.

 

Vorbemerkung 1

Äpfel mit Birnen vergleichen geht nicht. Vor diesem Problem steht aber jeder und jede, der bzw. die versucht, sich mit dem Stromanteil in der Regelleistung für „Hartz IV“-Empfägerinnen und -empfänger auseinanderzusetzen.

Dies ist zum einen der Tatsache geschuldet, daß bei der sogenannten Eckregelleistung – 100%-Regelleistung für Alleinstehende/Alleinerziehende – der Anteil der berücksichtigten Einkommensbevölkerung von den untersten 20% auf die untersten 15% reduziert wurde. Zum anderen spielt eine Rolle, daß nur Kosten angegeben werden, nicht aber der diesen Kosten korrespondierende Mengenverbrauch in Kilowattstunden. Zwar ist der Einwand berechtigt, bei der Regelleistung handele es sich um eine Pauschale nach dem Statistikmodell und deshalb werde nicht mehr nach dem Verbrauch gemäß Warenkorbmodell analysiert, gleichwohl birgt dies das Problem, daß die berücksichtigten Kosten nicht mehr den zu einem menschenwürdigen Existenzminimum gehörenden Stromverbrauch wiedergeben.

Um dieses Problem halbwegs in den Griff zu kriegen, werde ich nachfolgend den aus alten Sozialhilfezeiten stammenden Stromverbrauch von 148 kWh/Monat [BSHG-Kommentar, Nomos Verlag Baden-Baden 2003, 6. Aufl., Rdnr. 58 zu § 12] der nachfolgenden Betrachtung zu Grunde legen. Daß dieser 1986 von den Vereinigten Deutschen Elektrizitätswerken (VDEW) ermittelte und seit dem 1. Juli 1990 im BSHG-Regelsatz berücksichtigte Betrag, der bis zum Ende der alten Sozialhilfe Bestand hatte, möglicherweise angesichts der Zunahme elektronischer Geräte in den Haushaltungen zu kurz greift, sei hier dahin gestellt; andererseits sind Waschmaschinen, Elektroherde etc. heutzutage erheblich stromsparender ausgelegt. Die EVS (Einkommens- und Verbrauchsstatistik) 2003 wie 2008, die die Regelleistung ab 2005 bzw. 2011 bestimm(t)en, hingegen geben logischerweise nur Kostenpositionen an, wobei auch den Begründungen nichts zu entnehmen ist [Grundlage des Autors: Bundestag Ausschußdrucksache 16(11)286 und Bundesratsdrucksache 661/10].

Ferner besteht das Problem, daß nicht einmal die regierungsamtlichen Daten einheitlich sind: So weist innerhalb ein und derselben Vorlage (BRatDrs. 661/10) die Begründung zur Regelleistung 2011 einen Strombetrag von 28,12 Euro, die EVS 2008, Position 0451 010 einen Strombetrag von 30,64 Euro [richtig gerechnet: 30,25 Euro] und die Sonderauswertung Untergruppe 45 der EVS 2008, Position 0451 010 einen Strombetrag von 29,08 Euro [richtig gerechnet: 28,71 Euro] aus.

 

Vorbemerkung 2

Die EEG-Umlage soll der Förderung der erneuerbaren Energien aller Art dienen. Das Absurde: die günstigere Kostenstruktur des sog. Ökostroms senkt an der Strombörse (in Leipzig) den Strompreis, so daß bei sinkenden Einnahmen die EEG-Umlage steigt, da die EEG-Umlage die Differenz zwischen den Vergütungssätzen, die den Ökostromanlagenbetreibern gezahlt wurden und den Einnahmen an der Strombörse – jeweils am 15. Oktober prognostiziert für das Folgejahr – für Ökostrom darstellt.

Desweiteren sind gerade die stromintensiven industriellen Großverbraucher von der EEG-Umlage befreit, so daß deren derzeitiger 18%-Anteil auf die übrigen Stromverbraucher umgelegt wird, mithin für diese die EEG-Umlage erhöht. Die „Hartz IV“-Empfängerinnen und -empfänger  (resp. die Steuerzahler) finanzieren der von der EEG-Umlage befreiten Großindustrie ihren Strom.

 

EEG-Umlage und Regelleistung

Die EEG-Umlage [Zahlen siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Erneuerbare-Energien-Gesetz; Verifikation 15. Oktober 2012], die jeweils am 15. Oktober für das Folgejahr neu festgesetzt wird, betrug/beträgt – ab neuer Regelleistung 2011 – für

2011   3,530 Eurocent je Kilowattstunde

2012   3,592 Eurocent je Kilowattstunde

2013   5,277 Eurocent je Kilowattstunde

Bei der hier vorgenommenen Betrachtung muß außer Acht bleiben, daß nicht alle Stromversorger sofort ab 1. Januar die neue EEG-Umlage einpreisen oder dies in voller Höhe tun. Für die pauschale Regelleistung muß vom Maximum ausgegangen werden, also der sofortigen Umlage in voller Höhe, denn alles andere wäre spekulativ zu Lasten der Hilfeempfängerinnen und -empfänger.

Damit ergeben sich auf Grundlage eines unterstellten monatlichen Verbrauchs von 148 kWh Strommehrkosten für „Hartz IV“-Empfängerinnen und -empfänger im Vergleich zur Erhöhung der Eckregelleistung von:

EEG-Umlage 2008   1,66 Euro         zur Zeit der EVS 2008

EEG-Umlage 2010   3,03 Euro                  

EEG-Umlage 2011   5,22 Euro         Eckregelleistung 2011: +   5,00 Euro

EEG-Umlage 2012   5,32 Euro         Eckregelleistung 2012: + 10,00 Euro

EEG-Umlage 2013   7,81 Euro         Eckregelleistung 2013: +   8,00 Euro

Die Eckregelleistungen betrugen bzw. betragen:

1.7.2008       351 Euro [BGBl. I, 2008, Nr. 26, S. 1102] z.Z. der EVS 2008

1.7.2010       359 Euro [BGBl. I, 2010, Nr. 33, S. 820]

1.1.2011       364 Euro [BRatDrs. 661/10]

1.1.2012       374 Euro [BGBl. I, 2011, Nr. 53, S. 2093]

1.1.2013       382 Euro [BRatDrs. 553/12]

Im Gegensatz zur Regelleistungserhöhung, die auf die vorhergehende Regelleistung aufgestockt wird, wird die EEG-Umlage immer für das entsprechende Jahr berechnet, also nicht über die Jahre akkumuliert. Die EEG-Umlage steigt erst seit 2010 signifikant an. Von 2010 auf 2011 um 1,483 Eurocent/kWh, von 2011 auf 2012 um 0,062 Eurocent/kWh, von 2012 auf 2013 um 1,685 Eurocent/kWh.

Ein weiteres Problem ist, daß die Regelleistung 2011 auf den Daten der EVS 2008 basiert, während real aber die jeweils geltende EEG-Umlage mit dem jeweils aktuell geltenden Strompreis bezahlt wird. An dieser Stelle mögen zwar die 70% Inflationsratenquote gemäß § 20 Abs. 5 SGB II i.V.m. § 28a Abs. 2 SGB XII an der jährlichen Erhöhung der Regelleistung angemessen sein, die 30%-Lohndifferenzquote sind es nicht.

Betrachtet aus dem Blickwinkel der letzten EVS aus dem Jahre 2008, die Niederschlag in der Regelleistung 2011 fand, hat sich die EEG-Umlage von 1,12 Eurocent auf 3,530 Eurocent je Kilowattstunde erhöht, bezogen auf 148 kWh also um 3,56 Euro (von 1,66 Euro auf 5,22 Euro), während die Regelleistung sich von 351 Euro auf 364 Euro, also um 13 Euro erhöhte. Hieraus errechnet sich, daß die Erhöhung der EEG-Umlage zu 27,4 % die Erhöhung der Regelleistung 2008/2011 aufgefressen hat. 2013 sind es (7,81 – 1,66 =) 6,15 Euro von (382 -351 =) 31 Euro, mithin 20%.

Aus Sicht der „Hartz IV“-Empfängerinnen und -empfänger könnte es auch so ausgedrückt werden:

Während die industriellen Großverbraucher von der EEG-Umlage befreit sind, müssen Grundsicherungsleistungen beziehende Menschen die volle EEG-Umlage zahlen, und zwar als Gesamtbetrag 2011 in Höhe der Erhöhung der Eckregelleistung (5,22 Euro zu 5,00 Euro), 2012 in Höhe der halben Erhöhung der Eckregelleistung und 2013 in Höhe wiederum der Erhöhung der Eckregelleistung (7,81 Euro zu 8,00 Euro), während ja alles andere sowieso mit der Inflationsrate teurer wird.

 

 

 

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