An dieser Stelle sei aufgrund verschiedener Reaktionen angemerkt, daß es sich lediglich um eine Modellbetrachtung handelt, deren Bedingungen ja unten genannt sind. Dies gilt insbesondere für den Status der alleinerziehenden Person, für die Anzahl und das Alter der Kinder und ob überhaupt Barunterhalt oder Unterhaltsvorschuß gezahlt wird. Dieser Artikel soll anhand einer Modellrechnungeinen Eindruck vermitteln dafür, was auf die Betreffenden zukommt; er ist nicht dafür konzipiert, den konkreten Einzelfall abzudecken.
Gemäß § 1612a Abs. 4 BGB werden die Regelbeträge für den Barunterhalt nur alle zwei Jahre angepaßt, also erst wieder zum 1. Juli 2005.
Diese Fassung entspricht bis auf zwei kleinere Korrekturen und den hier gemachten Anmerkungen sowie dem nachfolgenden Hinweis der Fassung vom 19. Mai 2004.
Hinweis: Hierzu bitte auch den Artikel "SGB II - Was ist eine Bedarfsgemeinschaft ?" (http://www.HerbertMasslau.de/pageID_1371268.html oder entsprechende Unterseite im linken Inhalts-Frame anklicken) beachten.
Dieser Artikel beschäftigt sich ausschließlich mit den finanziellen Auswirkungen des ab 1. Januar 2005 geltenden SGB II (Arbeitslosengeld II) auf die finanzielle Situation Alleinerziehender mit Kindern.
Der Artikel soll, schon bevor die neue Rechtslage zuschlägt, den Betroffenen einen Einblick vermitteln darüber, was auf sie zukommt.
Berechnungsbasis
Als Ausgangsbasis habe ich folgende Daten gewählt:
– eine alleinerziehende Person mit Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach dem SGB II (BGBl. I, Nr. 66, 2003, S. 2954 ff.) und einem bis drei Kindern mit Anspruch auf Sozialgeld gemäß § 28 SGB II
– den Mehrbedarf für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von 36 % der Regelleistung bei 1 Kind unter 7 Jahren oder 2 bis 3 Kindern unter 16 Jahren
– für die Kinder ist unterstellt, daß für sie Unterhalt gemäß der 1. Stufe für Barunterhalt nach „Düsseldorfer Tabelle“ gezahlt wird
– da § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB II nur noch die Alterseinteilung bei Kindern von unter 14 (60% der Regelleistung) und im 15. Lebensjahr (80% der Regelleistung) kennt, ist bezüglich des Sozialgeldes die Altersstufe der unter 14-Jährigen gewählt und erfolgt die Altersstufeneinteilung entsprechend der „Düsseldorfer Tabelle“, da hier die Differenzierung größer ist und damit über den differenzierteren Unterhalt bei gleicher Sozialgeldhöhe sich eine unterschiedlich hohe Sozialgeldleistung ergibt; als Altersstufen sind dabei bei 1 Kind die 1. Stufe, bei 2 Kindern die 1. und 2. Stufe und bei drei Kindern die 1. bis 3. Stufe gewählt
– der Barunterhalt für die Kinder wird in analoger Rechtsauslegung des § 11 Abs. 1 SGB II, der erstmals gesetzlich definiert das Kindergeld als Einkommen der Kinder gilt, ebenfalls als Einkommen bei den Kindern berücksichtigt [während die Arbeitslosenhilfe bisher Barunterhalt für die Kinder nicht als Einkommen bei der Leistung beziehenden Person berücksichtigt, wurde die vom Gesetz her offene Frage der Anrechnung des Kindergeldes bei Soialhilfebezug durch obergerichtliche (OVG Niedersachsen 1999; OVG NRW 2001; OVG Hamburg 2002; OVG Rheinland-Pfalz 2002) und höchstrichterliche (BVerwG 5 C 7.00) Entscheidungen dahin gehend geklärt, daß es dem Kindergeldberechtigten zugeordnet wird; nun ist diese Frage vom Gesetz her entschieden]
– für Unterkunftskosten ist die derzeit noch auf die Personenzahl bezogene Wohnungsgröße nach BSHG (60 m² für 2 Personen / 75 m² für 3 Personen / 90 m² für 4 Personen – manche Bundesländer weichen davon ab) und ein „angemessener“ Mietpreis von 4,50 Euro pro m² zu Grunde gelegt
– für Heizung ist gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 Wohngeldverordnung (WoGV) ein Preis von 0,80 Euro pro m² zu Grunde gelegt
– weitere als Einkommen anrechnenbare Einkünfte sind nicht berücksichtigt; ebenso nicht atypische Fallkonstellationen, die wohl in Zukunft erst durch Gerichtsentscheidungen zu einer Klärung führen
– auf der Leistungsseite bleiben Einmalige Beihilfen unberücksichtigt, da diese nur noch in drei Fällen gezahlt werden: Erstaustattung für Wohnung, Erstaustattung für Kleidung/Schwangerschaft/Geburt und mehrtägige Schulklassenfahrten.
Berechnungsgrößen
Kindergeld für 1 - 3 Kinder: 154 Euro monatlich je Kind
Unterhalt für 1 - 3 Kinder nach „Düsseldorfer Tabelle“ (Stufenwahl s.o.), gültig bis 30. Juni 2004: 199 / 241 / 284 Euro monatlich
Arbeitslosengeld II (Regelleistung gemäß § 20 Abs. 2 SGB II) ab 1. Januar 2005: 345 Euro (West) monatlich
Alleinerziehenden-Mehrbedarf (gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) ab 1. Januar 2005: 124,20 Euro (West) monatlich
„angemessene“ Unterkunftskosten (Definition s.o.) für 2 / 3 / 4 Personen: 270 / 337,50 / 405 Euro monatlich
Heizkosten (Definition s.o.) in Abhängigkeit von der Wohnungsgröße: 48 / 60 / 72 Euro monatlich
Auch hier wird zunächst der Grundsatz deutlich: „Kinder sind ein Armutsrisiko“. Für Alleinerziehende mit drei Kindern entspricht das zukünftige Arbeitslosengeld II in etwa der heutigen statistisch durchschnittlichen Arbeitslosenhilfe-Leistung von ca. 500 Euro monatlich plus einem möglichen Wohngeldanspruch. Aber, je höher der Unterhalt ausfällt, desto mehr wird der oder die Arbeitslose – wie bisher schon bei der Sozialhilfe – über die Kinder finanziert statt vom Arbeitslosengeld II.
Angesichts der neuen Rechtslage ab 1. Januar 2005 steht ferner zu erwarten, daß 1 bis 2 Millionen Arbeitslose plus deren Familienmitglieder zu Wohnungswechseln oder gar in die Obdachlosigkeit gezwungen werden.
Zwar ist in § 22 SGB II geregelt, daß bisherige Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosenhilfe ab 1. Januar 2005 auch Leistungen für Unterkunft und Heizung erhalten, so daß damit die zukünftige Berücksichtigung von Kindergeld und Unterhalt für die Kinder als Einkommen der gesamten Bedarfsgemeinschaft und der Wegfall des Wohngeldes (Neufassung Wohngeldgesetz § 1 Abs. 2 Nr. 1 – BGBl. I, Nr. 66, 2003, S.2985 ff.) einen Ausgleich finden, aber „Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf ... so lange zu berücksichtigen, wie es ... nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten [meint Untervermietung, H.M.] oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.“ (§ 22 Abs. 1 SGB II).
Damit ist zum einen die seit 1996 geltende Regelung des § 3 Abs. 1 Regelsatz-Verordnung (und Abs. 2 analog für Heizkosten) übernommen und zum anderen die einschlägige Rechtsprechung zum Sozialhilferecht berücksichtigt, die den derzeitigen Empfängerinnen und Empfängern von Sozialhilfe eine sechsmonatige Suchfrist für einen Wohnungswechsel einräumt (insbesondere OVG Niedersachsen). Eine über die Sechsmonatsfrist hinausgehende Leistung zumindest der „angemessenen“ Unterkuftskosten trotz „unangemessen“ hoher tatsächlicher Unterkunftskosten, wie sie derzeit noch § 3 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz RegelsatzVO regelt und wie sie höchstrichterlich (BVerwG 5 C 9/00) für die derzeitige Sozialhilfe entschieden ist, dürfte angesichts einer wohl bewußt fehlenden analogen Regelung im SGB II ausgeschlossen sein beziehungsweise einer zukünftigen gerichtlichen Klärung überlassen bleiben.