Dieser Artikel betrifft vorrangig Familien, die bisher Sozialhilfe nach dem BSHG bezogen haben und ab dem 1. Januar 2005, weil „arbeitsfähig“, Arbeitslosengeld II nach dem SGB II bekommen.
An dieser Stelle kann keine Differenzierung geleistet werden, weil allein schon die Handhabung des Elternbeitrages (Teilnahmebeitrag) bei Kita-Plätzen von Bundesland zu Bundesland und auch von Kommune zu Kommune unterschiedlich sein kann.
Elternbeiträge können nach dem Beitrags-Modell erhoben sein, getrennt nach Einheitsbeitrag oder Staffel-Modell, oder auch nach dem Abgaben/Gebühren-Modell.
Sofern die Eltern unter eine bestimmte Einkommensgrenze fallen, haben sie Anspruch auf finanzielle Unterstützung aus den Mitteln der Wirtschaftlichen Jugendhilfe (§ 90 SGB VIII). Hierbei kann der Elternbeitrag für den Kita-Platz je nach Verhältnis ganz oder teilweise (bei Dreiviertel- und Ganztagsplätzen unter Anrechnung der häuslichen Ersparnis gemäß § 85 BSHG – 50 % des Betrages für ein Mittagessen gemäß Sachbezugsverordnung –) vom Jugendamt übernommen werden.
In Frage kam dies bisher vor allem für Sozialhilfe-, Studenten- und Geringverdiener-Familien. Oft gab es dabei kommunale Beschlüsse, wonach bei Sozialhilfe beziehenden Familien der Kita-Beitrag als kommunaler Zuschuß übernommen wurde.
Kita-Beitrag bei Alg II
Ab 1. Januar 2005 wird sich dies ändern. Aufgrund der Tatsache, daß im Regelfall Eltern im „arbeitsfähigen“ Alter zwischen 15 und 65 Jahren sind, werden bisher Sozialhilfe beziehende Familien dann Arbeitslosengeld II beziehen.
Offensichtlich – mir steht nur ein begrenztes Spektrum an kommunalen Kenntnissen zur Verfügung in dieser Frage – gibt es keine vergleichbare Pauschalregelung für AlgII-Familien wie für die bisherigen Sozialhilfe-Familien. Das bedeutet, daß sie nicht mehr unter die Generalklausel Sozialhilfebezug fallen und deshalb nicht mit der Übernahme des Kita-Beitrages in Form eines kommunalen Zuschusses rechnen können.
Bisherige Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger, die sich freuen, daß sie sich ab Januar 2005 mit Alg II finanziell etwas besser stellen, sollten überlegen, ob sie sich dann nicht um das Drei-, Vier-, Fünffache dieses Betrages in Wirklichkeit schlechter stellen, wenn sie den Elternbeitrag für den Kita-Platz ganz oder teilweise selber tragen müssen. Konkret muß das jede bzw. jeder für sich selber ausrechnen. An dieser Stelle kann nur der Denkanstoß vermittelt werden, daß dieses Thema ab 1. Januar 2005 in der Tat ein Problem wird.
So entfällt zum Beispiel ab 1. Januar 2005 der bisher nach § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG gewährte Freibetrag vom Kindergeld. Damit kann eine Familie von knapp unter der Einkommensgrenze auf knapp über der Einkommensgrenze kommen.
Unproblematisch könnte es nur dort sein, wo der Kita-Beitrag im Rahmen der Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II als Eingliederungsmaßnahme vom AlgII-Träger übernommen wird.
Wirtschaftliche Jugendhilfe und SGB XII
Mit dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom 27. Dezember 2003 [BGBl. I, Nr. 67, 30.12.2003, S.3022 ff.] wurde mit Artikel 7 (Änderung des SGB VIII) zu § 90 Abs. 4 SGB VIII in Verbindung mit Artikel 70 (Inkrafttreten) bestimmt, daß hinsichtlich der Einkommensanrechnung, der Einkommensgrenzen, der häuslichen Ersparnis etc. anstelle der bisherigen §§ 76 bis 79 und 84, 85 BSHG ab 1. Januar 2005 die §§ 82 bis 85 und 87, 88 SGB XII gelten sollen.
Dies wirft die Frage nach den Unterschieden auf.
Zunächst ist festzuhalten, daß die einzelnen Paragraphen sich in ihrer Reihenfolge entsprechen. Viele Absätze der jeweiligen Paragraphen entsprechen sich bis hin zum identischen Wortlaut.
Hier sollen nicht alle Details wiedergegeben werden, sondern nur zwei wesentliche:
1. der bisherige Kindergeldfreibetrag nach § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG entfällt, findet sich in dem entsprechenden § 82 SGB XII nicht wieder;
2. als sogenannter Familienzuschlag gilt nicht mehr wie bisher (§ 79 BSHG) der Betrag von 80% des Eckregelsatzes, sondern entsprechend § 85 SGB XII nur noch 70% des Eckregelsatzes.
Damit fällt zum einen ab 1. Januar 2005 das anzurechnende Einkommen um den bisherigen Kindergeldfreibetrag höher aus, zum anderen fällt die Einkommensgrenze für die Gewährung der Wirtschaftlichen Jugendhilfe um 10% des Eckregelsatzes (345 Euro/West, 311 Euro/Ost) multipliziert mit der Anzahl der Familienmitglieder (außer Antragsteller) niedriger aus [*]. Zwar ist als sogenannter Grundfreibetrag wieder auf die (ur-)alte BSHG-Regelung des zweifachen Eckregelsatzes für die Höhe des Betrages zurückgegriffen worden (§ 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII), dies bringt, da der Grundfreibetrag zuletzt bei 95,8% des Eckregelsatzes als Festbetrag festgesetzt gewesen ist, aber nur die hälftige Entlastung bei dreiköpfigen Familien und reduziert sich in der Bedeutung mit der steigenden Zahl der Familienmitglieder.
Für eine siebenköpfige Familie entspricht dieser Negativsaldo in etwa der Sozialgeld-Regelleistung (§ 28 SGB II) für ein Kind, bei einer vierköpfigen Familie (2 Erwachsene, 2 Kinder) immerhin noch dem halben Kinder-Regelsatz.
[*] Als Basis für den Vergleich alte Regelung/neue Regelung muß der Eckregelsatz nach SGB II gelten, denn die rechtliche Regelung, welcher Prozentsatz vom Eckregelsatz als sogenannter Familienzuschlag gelten soll, ist unabhängig von der Höhe des Eckregelsatzes als solches. Im übrigen fällt das Arbeitslosengeld II nicht wirklich höher aus als die bisherige Sozialhilfe nach BSHG, weil in dem neuen Eckregelsatz die bisherigen Einmaligen Leistungen enthalten sind. Selbst ein direkter Vergleich 80% vom alten Eckregelsatz (297 Euro/West) zu 70% vom neuen Eckregelsatz (345 Euro/West) fördert nicht einmal einen wirklichen Unterschied heraus, nämlich 3,90 Euro.